ARBEITSBETRUG IM HOMEOFFICE

Detektive decken auf: ein Interview mit Marcus Lentz

Die Digitalisierung bietet uns eine Menge neuer Möglichkeiten. Ohne sie wären wir wohl während der Corona-Pandemie ziemlich hilflos gewesen, denn sie hat uns ermöglicht, dass ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung auch von zu Hause aus arbeiten kann. Laut dem statistischen Landesamt in Stuttgart arbeiteten rund ein Viertel der Menschen in Baden-Württemberg im Jahr 2021 im Homeoffice.

Doch diese positive Entwicklung hat nicht nur Vorteile. Nicht jeder Arbeitnehmer ist fleißig im Homeoffice. Es gibt auch ein paar schwarze Schafe, die ihr Unternehmen um ihre Arbeitszeit betrügen. In solchen Fällen tritt Marcus Lentz auf den Plan. Er leitet die Detektei Lentz in Stuttgart, und das schon seit über 25 Jahren. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt.

Schön, dass Sie Zeit gefunden haben.

Sehr gern. Ich freue mich immer, wenn ich reale Einblicke in unseren Beruf geben kann.

Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt vorangetrieben. Viele von uns wollen die Arbeit im Homeoffice nicht mehr missen. Doch kann gerade diese Freiheit auch ein Betrugspotenzial bilden?

Definitiv. Obschon 90% aller Arbeitnehmer sicherlich loyal, ehrlich und korrekt sind. Es geht um die restlichen 10%. Und wie heißt es so schön: Gelegenheit macht Diebe. So ist das beim Arbeitszeitbetrug auch. Wer früher im Büro war und nie darüber nachgedacht hat, erkennt nun im Home-Office plötzlich ungeahnte Möglichkeiten für sich und sieht das u.U. noch nicht einmal als Betrug, sondern als Kleinigkeit. 

Mit Sicherheit gibt es in Sachen Arbeitszeitbetrug verschiedene Formen. Wie können diese aussehen?

Da gibt es den Mitarbeiter, der einfach faul ist. Der macht stundenlang Pause, geht Einkaufen, liegt im Garten auf der Liege. Dann gibt es den Mitarbeiter, der schwarz arbeitet, z.B. in der Reinigung seiner Schwiegermutter, oder hilft beim Umzug eines Freundes. Das hatten wir beides schon real. Und dann gibt es die Mitarbeiter, die für die Konkurrenz arbeiten. Auch das gibt es häufiger, als man vielleicht glauben mag. 

Die meisten Unternehmen vertrauen ihren Mitarbeitern. Das ist natürlich auch gut so. Wie wird hier der Zweifel gesät, auf was sollten Unternehmen achten?

Versuchen Sie ehrlich zu sich selbst zu sein. Gibt es logische Erklärungen dafür, dass Sie ihren Mitarbeiter vielleicht nicht erreichen im Home-Office, oder das die Produktivität nachlässt. Home-Office ist nichts für Jedermann. Gibt es Gründe – etwa die kranken Kinder, oder die pflegebedürftige Mutter, die eine Etage tiefer wohnt – die ihren Mitarbeiter im Home-Office ablenken könnten. 

Wenn nein, dann sollten Sie darüber nachdenken, uns einzuschalten, um Klarheit zu bekommen, was los ist. 

Wenden sich Unternehmen direkt an Ihre Detektei sobald ein Verdacht besteht oder wann kommen sie auf Sie zu?

Viele Firmenchefs kommen sehr, sehr frühzeitig. Einige leider viel zu spät. Da gibt es beide Extreme. Manche kommen erst, wenn schon einige Monate vergangen sind und der Schaden schon in den mittleren fünfstelligen Bereich geht. Andere kommen direkt in der zweiten Home-Office-Woche. 

Wie laufen die Ermittlungen genau ab und welche Grenzen müssen Sie einhalten?

Es gilt natürlich die Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung, also des höchstpersönlichen Lebensbereichs. Ansonsten haben wir sehr viele Möglichkeiten sehr genau zu dokumentieren, ob ‚Frau Müller‘ arbeitet, oder den ganzen Nachmittag den Shopping-Kanal schaut. Was das für – nebenbei legale – Möglichkeiten sind, möchte ich aus naheliegenden Gründen nicht publizieren. 

Ist ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin verdächtig und begeht sie einen Arbeitszeitbetrug, werden Sie es dann herausfinden? Wie ist ihre „Aufklärungsquote“, wann man das so ausdrücken kann? 

Unsere Aufdeckungsquote ist natürlich nicht repräsentativ, da wir ja nur die Fälle bekommen, wo ein starker Anfangsverdacht besteht. Die Quote, dass wir Ungereimtheiten aufdecken können, liegt bei etwa 60-70%. 

Zum Abschluss: Was würden Sie basierend auf Ihrer Expertise Unternehmen raten, die einen solchen Verdacht hegen?

Einmalig ein kurzes, klares Gespräch suchen. Wenn sich danach alles normalisiert, ist alles gut. Dann würde ich den Vorgang abhaken. Wenn es sich danach nicht normalisiert, würde ich den Vorgang nicht selbst weiter verfolgen, sondern uns einschalten. 

Vielen Dank Marcus Lentz, Leiter der Detektei Lentz in Stuttgart.