ASOZIALE MEDIEN?

WARUM UNS DER BEGRIFF “SOCIAL MEDIA” IN DIE IRRE FÜHRT

„Die sozialen Medien“ – so nennen wir Facebook, TikTok, Instagram & Co. fast automatisch. Und allein dieser Ausdruck hat es in sich. Denn im Deutschen schwingt mit „sozial“ immer etwas Gutes, Fürsorgliches mit.

Sozial ist man, wenn man hilft, teilt, Verantwortung übernimmt. Doch wenn man sich anschaut, was die sogenannten „sozialen“ Medien tatsächlich tun, entsteht eine seltsame Spannung. Fast so, als würden wir uns selbst belügen.

Was „social“ im Englischen wirklich heißt

Im Englischen ist „social“ ein nüchterner Begriff. Er bedeutet „gesellschaftlich“, „zwischenmenschlich“, manchmal einfach „gesellig“. Ein „social network“ ist für Amerikaner nicht mehr und nicht weniger als ein Netzwerk menschlicher Kontakte – neutral, ohne moralischen Anstrich. Im Deutschen dagegen klingt „soziales Netzwerk“ wie etwas Gutes, fast Wohltätiges. Und hier entsteht die kognitive Dissonanz: Wir nennen diese Plattformen „sozial“, erleben sie aber häufig als unsozial.

Warum wir fast nur den Plural benutzen

Interessant ist, dass im Deutschen fast niemand vom „sozialen Medium“ spricht. Immer heißt es: „die sozialen Medien“. Der Plural wirkt selbstverständlich, groß, wie eine ganze Welt, die man nicht hinterfragt. Der Singular dagegen wäre entlarvend: Ist TikTok ein soziales Medium? Gibt es irgendetwas Soziales darin? Diese Frage würde sofort Zweifel wecken. Deshalb bleibt die Alltagssprache lieber im Plural – und das euphemistische Bild bleibt ungestört.

Asozial oder hyper-sozial?

Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Einerseits verbinden uns diese Plattformen, andererseits isolieren sie uns. Einerseits teilen wir dort unser Leben, andererseits vergleichen wir uns bis zur Erschöpfung. Und viele Nutzer erleben den subtilen Druck, nicht nur zu konsumieren, sondern selbst mitzuspielen: posten, liken, sich inszenieren. Wer nicht mitmacht, fühlt sich schnell außen vor. So wird „social media“ zum paradoxen Raum: oberflächlich überfüllt und gleichzeitig existenziell leer.

Die stille Normalisierung

Dass wir sie seit Jahren „soziale Medien“ nennen, trägt dazu bei, ihre Schattenseiten zu verharmlosen. Der Begriff wirkt wie ein freundliches Etikett, das die Realität überdeckt. Vielleicht wäre es ehrlicher, von asozialen Medien zu sprechen – nicht um zu provozieren, sondern um die Dissonanz aufzulösen. Denn wenn ein Medium Vereinzelung, Hass und Oberflächlichkeit fördert, dann ist es im ursprünglichen Sinn eben nicht „sozial“.

Ein Plädoyer für Klarheit

Sprache prägt unser Denken. Solange wir die Plattformen mit einem gut klingenden Wort aufladen, wird es schwer, ihre Wirkung nüchtern zu hinterfragen. Vielleicht wäre es der erste Schritt, die Begriffe wieder klar zu ziehen: „Social Media“ sind nichts als Kommunikationsplattformen, und an Ihnen ist im Grunde nichts „sozial“. Und genau diese Unterscheidung könnte uns helfen, bewusster damit umzugehen – ohne Euphorie, aber auch ohne Panik.

Genau hier setzt auch unsere Arbeit am Dr. Holzinger Institut an: Wir helfen Menschen dabei, ihre eigenen Denkfehler zu erkennen – und sich nicht länger von falschen Etiketten, automatischen Vergleichen oder oberflächlichen Versprechen in die Irre führen zu lassen. Denn am Ende ist es nicht die Plattform, die über unser Glück entscheidet, sondern die Art, wie wir darüber denken.

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