CACAU

FUSSBALL, GLAUBE UND SOZIALES WIRKEN

Das Warten hat ein Ende: Am 14. Juni fiel der Startschuss für die UEFA EURO 2024. Bis zum 14. Juli wird der Ball bei der 17. Auflage der Europameisterschaft rollen und hoffentlich wieder ein Sommermärchen für alle Beteiligten werden. Die Host City Stuttgart begleitet die UEFA EURO 2024 mit drei Botschaftern, die selbst schon Sportgeschichte geschrieben haben – darunter Cacau.

Der ehemalige Profifußballer und langjährige VfB-Stürmer gewährt uns im exklusiven Interview Einblicke in seine Gedanken und Erinnerungen rund um Fußball, Familie und soziales Engagement. Von seinen Anfängen als junger Spieler in Brasilien bis hin zu seinen Erfahrungen als Nationalspieler und dem Einsatz für soziale Projekte zeigt uns Cacau, wie Fußball weit über den Platz hinausreicht und das Leben vieler Menschen beeinflussen kann.

Mit der UEFA EURO 2024, die diesen Sommer in Deutschland stattfindet, kehrt das internationale Fußballfieber zurück. Wie fühlt es sich für dich als ehemaligen Profifußballer an, dieses Event im Heimatland zu erleben?

Es ist etwas ganz Besonderes, dass ein so großes Turnier in der Heimat – und damit meine ich nicht nur Deutschland, sondern vor allen Dingen Stuttgart – ausgetragen wird. Die Spannung steigt täglich, und die Vorfreude ist enorm. Die Atmosphäre, die die Fans und die Spiele mit sich bringen, erinnert mich zudem an meine aktive Zeit als Profifußballer und lässt meine Leidenschaft für den Sport wieder intensiv aufleben.

Als ehemaliger VfB-Spieler hast du eine enge Bindung zur Stadt Stuttgart. Wie siehst du die Bedeutung von Stuttgart als Austragungsort für die UEFA EURO 2024?

Die Bedeutung der Stadt ist in vielerlei Hinsicht immens: Zum einen ist Stuttgart ein wichtiger Standort für Sport und Fußball, zum anderen hat die Stadt eine besondere Geschichte, wenn es um große Fußballturniere geht. Man denke nur an das Sommermärchen 2006, als Deutschland den dritten Platz der Weltmeisterschaft belegte. Solche Erinnerungen machen Stuttgart zu einem idealen Austragungsort für die UEFA EURO 2024, und ich bin sicher, dass die Stadt erneut eine fantastische Kulisse für unvergessliche Fußballmomente bieten wird.

Neben einer außergewöhnlichen Fußballkarriere zeichnet dich auch deine Arbeit im sozialen Bereich aus. Kannst du uns etwas über deine aktuellen Projekte und Initiativen erzählen?

Als jemand, der selbst in sehr armen Verhältnissen aufgewachsen ist, liegt es mir am Herzen, Kinder und Jugendliche in meiner Heimat Brasilien zu unterstützen. Aus diesem Grund habe ich die Cacau Kinderstiftung ins Leben gerufen und das Projekt „Sports for Life“ gestartet. Unser Ziel ist es, Mädchen und Jungen aus benachteiligten Verhältnissen durch Mannschaftssport soziale Kompetenzen zu vermitteln, die sie nicht nur auf dem Sportplatz, sondern auch im Alltag nutzen können. Dabei stärken wir ihr Vertrauen in die eigenen Stärken und ihr Selbstbewusstsein. Kürzlich war ich selbst wieder in Brasilien und habe viele der Kinder und Jugendlichen kennengelernt, die von unserer Stiftung unterstützt werden. Es ist ein unglaubliches Geschenk zu sehen, was sie mit unserer Hilfe erreichen können.

Kannst du näher darauf eingeben, wie deine eigene Herkunft und dein Lebensweg dazu beigetragen haben, dich für soziale Belange einzusetzen?

Ich stamme aus der Nähe von São Paulo in Brasilien und hatte von Anfang an kein einfaches Leben. Meine Mutter war Putzfrau und musste hart arbeiten, um für sich und ihre drei Kinder zu sorgen. Geld war immer knapp, und wir mussten auf viele Dinge verzichten. Tatsächlich hatten wir nur das Nötigste – die einfachsten Dinge, um zu überleben. Schon früh habe ich mich darum bemüht, voranzukommen und mir selbst, aber auch meiner Mutter eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Im Laufe der Jahre ist mir das gelungen – und heute habe ich sogar die Möglichkeit, vielen Menschen zu helfen, sei es finanziell, durch direkte Unterstützung oder durch meinen Einfluss.

War es für dich von vornherein klar, dass dein Weg in den Profifußball mündet oder wie kam es zur Fußballkarriere?

Profifußball war immer mein Ziel, doch der Weg dorthin war mit vielen Rückschlägen verbunden. Ich habe zwar nie an meinen Fähigkeiten gezweifelt, aber die Herausforderungen waren oft enorm, wodurch es mir schwerfiel, mir vorzustellen, dass ich eines Tages wirklich erfolgreich sein würde. Beim VfB zu spielen oder zur deutschen Nationalmannschaft zu gehören – das war mehr, als ich je zu träumen gewagt hätte!

Apropos Rückschläge: Wie hast du es geschafft, „am Ball zu bleiben“ und nicht einfach aufzugeben?

Für mich war es entscheidend, ein unterstützendes Umfeld zu haben, das mich in schwierigen Zeiten stärkte und auffing. Auch mein Glaube und das Wissen, dass ich bedingungslos geliebt werde, unabhängig von Erfolg oder Misserfolg, haben mir immer geholfen.

Rückblickend auf deine Profikarriere: An welche Momente oder Erfolge erinnerst du dich besonders gern zurück?

Rückblickend auf meine Profikarriere gibt es viele Momente, an die ich gerne zurückdenke. Zwei Erlebnisse sind jedoch besonders unvergesslich: der Sieg der Deutschen Meisterschaft mit dem VfB im Jahr 2007, bei dem kaum jemand geglaubt hatte, dass wir den Titel holen würden, und die Teilnahme an der WM im Jahr 2010, bei der ich sogar mit einem Tor belohnt wurde.

Im März hat der DFB eine neue Kampagne unter dem Titel „Fußballzeit ist die beste Zeit gegen Rassismus“ vorgestellt. Inwieweit können der Fußball und Großereignisse wie die UEFA EURO 2024 als Plattform genutzt werden, um eine Botschaft der Inklusion, Toleranz und Vielfalt zu verbreiten?

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es zu jeder Zeit wichtig ist, sich für Inklusion, Toleranz und Vielfalt einzusetzen. Fußball hat die einzigartige Fähigkeit, Menschen zu verbinden und gemeinsame Werte zu fördern. Gerade während eines Großereignisses wie der UEFA EURO 2024 ist es von besonderer Bedeutung, diese Botschaft zu verbreiten.

Cacau mit dem EM-Pokal bei der Trophy Tour Stuttgart

Einer deiner Leitsätze lautet: „Man wird nicht dadurch besser, dass man andere schlecht macht.“ Wie bist du zu dieser Erkenntnis gekommen und welche Wege siehst du, um sich wirklich zu verbessern und zu wachsen?

Diese Erkenntnis habe ich vor allem durch meinen Glauben und einen Bibelvers gewonnen, der mich besonders geprägt hat: “Behandle deinen Nächsten so, wie du gerne behandelt werden möchtest.” Für mich bedeutet das, anderen Menschen mit Respekt zu begegnen und Freude oder Lob für andere zu empfinden, ohne das Gefühl zu haben, dadurch benachteiligt zu sein. Meiner Ansicht nach wächst man, indem man sich immer wieder aufrichtet, mutig voranschreitet und versucht, aus jeder Situation das Beste zu machen.

Fußball ist nicht nur ein Sport, sondern oft auch eine Lebensweise. Wie hat sich dein Leben nach dem Ende deiner aktiven Karriere verändert?

Man muss lernen, damit umzugehen, nicht mehr permanent im Mittelpunkt zu stehen – das ist natürlich schon eine Herausforderung. Wie schon früher haben mich meine Familie und mein Glaube aufgefangen. Sowohl mein Umfeld als auch mein Glaube haben mir gelehrt, dass sich mein Wert nicht verändert, nur weil ich kein aktiver Profifußballer mehr bin.

Du bist verheiratet, hast zwei Kinder und beschreibst dich auch auf deiner Homepage als Familienmensch. Wie gelingt es dir, die Balance zwischen deinem Privatleben und beruflichem Engagement zu finden?  

Ehrlich gesagt gibt es hier keine klare Trennung. Mir liegt es am Herzen, authentisch zu sein und zu zeigen, wer ich wirklich bin – und da meine Familie den größten Teil meines Lebens ausmacht, gehört sie für mich einfach dazu. Für mich ist meine Familie nicht nur ein Teil meines Lebens, sondern ein Teil von allem, was ich tue.

Welche Botschaft möchtest du Fußballfans in Deutschland und auf der ganzen Welt im Vorfeld der UEFA EURO 2024 mitgeben?

Meine Botschaft an Fußballfans in Deutschland und auf der ganzen Welt im Vorfeld der UEFA EURO 2024 lautet: Genießt die Zeit, erfreut euch an den Spielen und zeigt euren Nationen mit großem Respekt eure Unterstützung.

Abgesehen von der Europameisterschaft – worauf freust du dich im Sommer?

Strand und Sonne dürfen nicht fehlen (lacht).

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