Wir befinden uns in der dunklen, kalten und kalorienreichen Jahreszeit und viele Menschen fragen sich, ob und was sie bei diesem Wetter trainieren sollen.
Dabei ist der Winter selbstverständlich ideal geeignet, um sich sportlich aktiv zu betätigen. Logischerweise kann man sich bei genügend Zeit und passender Schneelage allen bekannten Wintersportarten hingeben. Aber auch das Stuttgarter Schmuddelwetter sollte einen nicht daran hindern, ab und zu körperlich aktiv werden.
Betrachtet man die Natur im Winter so stellt man fest, dass sich Pflanzen und Tiere „schonen“ um wertvolle Lebensenergie zu sparen. Viele Tiere verbringen die kalte Jahreszeit schlafend oder flüchten in wärmere Klimazonen. Bäume und Sträucher werfen zum Schutz vor klirrender Kälte ihre Blätter ab und verharren scheinbar „leblos“ bis zum nächsten Frühling.
Eigentlich sollten auch wir uns im Winter körperlich schonen und länger schlafen um Energie zu sparen. Über Jahrtausende lebten die Menschen im Rhythmus der Natur und mussten sich den natürlichen Gegebenheiten anpassen. Ohne künstliches Licht, Strom und Zentralheizung war der Winter eine kalte und dunkle Angelegenheit, die es irgendwie zu überleben galt. Mangel und Verzicht waren an der Tagesordnung und wer keine Vorräte im Keller und in den Fettzellen hatte musste darben oder verhungern.
Aus diesem Grund sind wir in unseren Breitengraden seit Generationen physiologisch darauf getrimmt, im Spätsommer körperliche Vorräte zu bilden. Im Sommer und Herbst verbringen Menschen traditionellerweise viel Zeit im Freien. Dadurch bekommen sie eine hohe Dosis Sonnenlicht auf Haut und Augen. Diese starke Tageslichtexposition führt dazu, dass spezielle Hormone im Gehirn freigesetzt werden die den Körper dazu anregen, Fett in seinen Zellen zu speichern. Im Winter ist es genau umgekehrt. Die Tage sind kürzer und die Nächte länger. Menschen schlafen länger und verbringen weniger Zeit im Freien. Dadurch werden andere Hormone im Körper aktiviert, die seine Körperzellen dazu bringen sollen, das im Sommer und Herbst gespeicherte Körperfett wieder zu verstoffwechseln.
Glücklicherweise leben wir im 21. Jahrhundert und die meisten Menschen (hier in Deutschland jedenfalls) wohnen in einem warmen, beleuchteten Zuhause und müssen keinen Hunger leiden. Durch künstliches Licht verlängern wir den Tag und die Heizungen sorgen für warmes Wasser und ein behagliches Zuhause. Der Kühlschrank ist in der Advents- und Weihnachtszeit immer gut gefüllt – von Mangel keine Spur. Weihnachtsfeiern, Einladungen und gesellige Abende bei Plätzchen und Glühwein führen bei vielen unweigerlich zur Gewichtszunahme und Frustration im neuen Jahr.
Aus diesen Beobachtungen und Zusammenhängen kann man, wenn man will, auch einige Handlungsweisen für sein eigenes Verhalten und Training ableiten. Der Winter ist tatsächlich eine Jahreszeit in der man viel schlafen und sich körperlich schonen und seine Kalorienzufuhr bremsen sollte. Daher ist es meiner Meinung nach auch sinnvoll, im Winter nicht exzessiv und hart zu trainieren. Moderates Ausdauertraining, unterhalb der eigenen Schmerzgrenze, ist sicherlich an drei bis sechs Tagen in der Woche sinnvoll.
Der Winter eignet sich auch hervorragend um seine technischen Fertigkeiten in einer anspruchsvollen Sportart oder seine allgemeine Beweglichkeit zu verbessern.
Sein Training mit Freunden in geselliger Gemeinschaft auszuüben, entspringt der Idee, dass wir den Winter früher (in einer Zeit als es keine Zentralheizungen gab) nur in Gemeinschaft überleben konnten. Anstrengendes Krafttraining und intensives Intervalltraining müssten bis zum nächsten Frühling warten. Man könnte die Winterzeit also dazu nutzen, die Grundlagenausdauer zu erhalten bzw. zu verbessern und seine Schwächen in der Beweglichkeit abzubauen.
Die „Fresserei“ in der Advents- und Weihnachtszeit müsste man bewusst den anderen überlassen. Sich in diesen Wochen zurückzuhalten ist schwierig aber nicht völlig unmöglich. Dazu wäre es ratsam, sich auf die Hektik der Jahresabschlüsse, die Rennerei nach Weihnachtsgeschenken und die gesellschaftlichen Verpflichtungen im Vorhinein einzustellen und sich zu fragen, wie man sich verhalten sollte, wenn man das neue Jahr ohne „Schäden“ beginnen wollte. In dieser Hektik vergessen wir nur allzu leicht die wahre Erholung und das, was uns die Natur im Winter aufträgt, nämlich „Haushalten“.
Unter „Haushalten“ versteht man, seine körperliche Energie bewusst einzusetzen. Es empfiehlt sich also auf eine gute Ernährung und moderates Training zu achten, sich nicht willenlos der Lethargie und dem Winterschlaf hingeben (wir müssen ja arbeiten und fit im Alltag sein), aber auch nicht dagegen kämpfen. Man könnte Ruhezeiten im Sinne von Saunabesuchen, einem guten Buch, früh schlafen gehen, Yoga und Meditation einplanen, die wenigen Sonnenstunden im Freien nutzen, um lebensnotwendiges Vitamine D zu produzieren und Frischluft anstatt Dauerheizluft zu „tanken“.
Ein ideales Fitness-Programm für den Winter könnte folgendermaßen aussehen: drei bis vier leichte Ausdauereinheiten über 30-45 Minuten. Zusätzlich könnte man an zwei bis drei Tagen ein kleines Beweglichkeits- oder Yogaprogramm zwischen 30-60 Minuten in den Tagesablauf integrieren. Sollte noch etwas Zeit zwischen Beruf, Familie und sozialen Verpflichtungen übrig sein, dann wäre vielleicht noch ein kurzer Saunabesuch pro Woche sinnvoll. Viele Sportler glauben, dass sie sich so körperlich abhärten und ihr Immunsystem stärken können.
Wer sich also beim weihnachtlichen „Fressen“ zurückhält, ausreichend schläft und sich regelmäßig bewegt, kommt gesünder durch den Winter und startet leichter in den Frühling 2016.