HOUSING FIRST STUTTGART

ERST DIE WOHNUNG – DANN DIE HILFE BEI BEDARF

Housing First Stuttgart ist ein innovatives sozialpolitisches Projekt, das seit 2022 in unserer Stadt aktiv ist. Das Konzept? Die sofortige Vermittlung von Wohnraum! Mit diesem Ansatz möchte das sechsköpfige Team Wohnungs- und Obdachlosigkeit effektiv bekämpfen und Betroffenen eine stabile Lebensgrundlage bieten.

In unserem Interview mit Wohnungsscout Franziska von Housing First Stuttgart haben wir mehr über die Details des Projekts sowie über Herausforderungen und Erfolge erfahren. Eines wird dabei klar: Housing First leistet einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation in unserer Stadt – und jede*r von uns kann mithelfen. Lest selbst!

Könnt ihr uns das Konzept von „Housing First“ zunächst etwas genauer erklären? 

Housing First ist ein sozialpolitisches Projekt, das seit den 1990er-Jahren existiert und erstmals in den USA und Finnland umgesetzt wurde. Das Hauptziel von Housing First ist es, obdach- und wohnungslosen Menschen unbefristeten Wohnraum zu vermitteln. Dabei steht – wie der Name schon sagt – die Wohnraumvermittlung an erster Stelle. Andere Themen wie Jobsuche, Schuldenregulierung oder familiäre Angelegenheiten werden nur bei Bedarf und nachträglich angegangen.

Wie unterscheidet sich Housing First von klassischen Ansätzen in der Stuttgarter Wohnungslosenhilfe?

In Stuttgart verfolgt die klassische Wohnungslosenhilfe einen anderen Ansatz: Bevor obdach- und wohnungslose Menschen in ein festes Mietverhältnis eintreten können, sollen sie zunächst ihre Probleme wie Suchterkrankungen oder Arbeitslosigkeit bewältigen. Dazu haben sie je nach Einrichtung etwa ein Jahr Zeit und erhalten dabei sozialarbeiterische Unterstützung.

Das Problem: Da in der teuren Stadt Stuttgart Anschlusswohnraum fehlt, wechseln diese Personen trotz Erfüllung ihrer persönlichen Ziele häufig zwischen verschiedenen betreuten Wohneinrichtungen. Dadurch durchlaufen sie immer wieder den Kreislauf der sozialarbeiterischen Betreuung. Dieser Prozess ist oft demotivierend und führt nicht selten zu neuen Problemen, die es noch schwieriger machen, langfristig stabilen Wohnraum zu finden.

Aus welchen Berufen setzt sich euer Team zusammen? Wie ist eure Arbeitsweise im Alltag?

Wir sind ein sechsköpfiges Team aus verschiedenen Fachbereichen, das sich gut ergänzt. Die drei Sozialarbeiterinnen kümmern sich um Themen wie Jobcenter-Anträge, Suchthilfe und Familienunterstützung. Unsere zwei Wohnhelfenden sind für alltagspraktische Aufgaben wie Umzüge, Behördengänge und Reparaturen zuständig. Sie bringen handwerkliche Erfahrung mit und stehen den Klient*innen auch mit Rat zur Seite. Eine der Wohnhelferinnen hat zudem Erfahrung als Hauswirtschafterin, was bei der Budgetplanung mit dem Bürgergeld von 563 € hilfreich ist. Unsere Wohnungsscout akquiriert Wohnraum in Stuttgart, steht in Kontakt mit Vermietenden und ist für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Ungewöhnlich für viele ist, dass wir ohne Hierarchien arbeiten. Entscheidungen treffen wir gemeinsam, und wir können uns jederzeit gegenseitig vertreten. Da wir alle in einem großen Büro mit offenen Türen arbeiten, sind wir lieber dort als im Homeoffice. Klient*innen und Interessierte können direkt zu uns ins Büro kommen, wo wir auch einen Besprechungsraum und guten Kaffee haben.

Was sind aus eurer Sicht die größten Missverständnisse über Menschen in Wohnungslosigkeit, und wie versucht Housing First Stuttgart, diesen entgegenzuwirken?

Ein häufiges Missverständnis ist, dass Obdach- und Wohnungslosigkeit immer selbst verschuldet ist. Viele Menschen haben das klassische Bild eines bettelnden, in Lumpen gekleideten ungepflegten Mannes im Kopf, dabei sieht man einem Menschen die Obdach- und Wohnungslosigkeit oftmals gar nicht an. Schicksalsschläge wie Todesfälle, Trennungen, Inhaftierungen, Arbeitslosigkeit oder Krankheiten können dazu führen, dass Menschen ihre Wohnung verlieren. Hohe Mietpreise erschweren es zudem, neuen Wohnraum zu finden. Strukturelle Ursachen wie Armut und Mangel an bezahlbarem Wohnraum spielen ebenfalls eine große Rolle. Uns ist es wichtig zu betonen, dass Obdach- und Wohnungslosigkeit jede*n treffen können. Deshalb räumen wir auf Social Media mit Vorurteilen und Mythen auf und bieten Mieter*innen darüber hinaus die Möglichkeit, ihre Geschichten in Zeitungsartikeln oder TV-Beiträgen zu teilen.

Was sind die größten Herausforderungen, denen ihr bei der Akquise von Wohnraum in Stuttgart gegenübersteht, und wie geht ihr damit um?

Die größte Herausforderung ist, Vermietende davon zu überzeugen, dass ihr Wohnraum bei uns sicher ist. Viele bevorzugen es, ihre Wohnungen an Gutverdiener*innen zu vermieten, da es in Stuttgart ausreichend davon gibt. Dabei bieten wir mehrere Vorteile: Die Mieter*innen werden von unseren Sozialarbeiterinnen und den Wohnhelfenden unterstützt und die Miete kommt in der Regel pünktlich vom Jobcenter. Zudem übernimmt Housing First Stuttgart bis zu drei Monatskaltmieten im Mietausfall und bietet finanziellen Schadensausgleich beim Auszug, wenn die Kaution nicht ausreicht.

Trotzdem ist die Konkurrenz auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt hoch. Vermietende, die sozial vermieten möchten, vermieten vermutlich eher an z.B. Alleinerziehende in Teilzeitbeschäftigung, die Wohngeld beziehen und nicht an unsere Zielgruppe. Und es ist generell schwierig, bezahlbaren Wohnraum zu finden, inzwischen auch für die Mittelschicht. Für unsere Zielgruppe, deren Miete meistens vom Jobcenter bezahlt wird, werden bis zu 566 € Kaltmiete gezahlt, was in Stuttgart oft nur für dunkle Souterrainwohnungen mit hohen Nebenkosten reicht. Außerdem sind Wohnungen häufig mit Bedingungen wie Möbelübernahme oder Nichtraucher*innen ohne Haustiere verbunden.

Wir können wenig gegen diese Schwierigkeiten tun, außer gelegentlich Mietwucher bei der Stadt Stuttgart zu melden und auf Social Media aufzuklären. Wir hoffen, dass dies Vermieter*innen anregt, die Mieten zu senken und so einer breiteren Gruppe von Wohnungssuchenden eine Chance auf angemessenen Wohnraum zu geben.

Wie wählt ihr die Mieter*innen für das Housing First-Programm aus? Gibt es spezifische Kriterien oder Voraussetzungen?

Zukünftige Mieter*innen müssen volljährig sein, Jobcenter-Leistungen beziehen oder ein gesichertes Einkommen haben, um die Mietzahlung sicherzustellen. Sie müssen sich in Stuttgart aufhalten und entweder wohnungs- oder obdachlos oder unmittelbar davon bedroht sein. Zudem müssen sie den Wunsch oder die Fähigkeit haben, in einer eigenen Wohnung zu leben. Pflegebedürftige Personen können wir leider nicht aufnehmen.

In der Regel kommen die Wohnungssuchenden über die Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe zu uns. Erfüllen sie alle Voraussetzungen, laden wir sie zu einem Erst- und einem Zweitgespräch ein. Nach dem Zweitgespräch, wenn eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben wurde, werden sie auf die Warteliste gesetzt. Personen, die tatsächlich auf der Straße leben, haben dabei die höchste Priorität.

Wichtig während der Gespräche sind Informationen, die das zukünftige Mietverhältnis betreffen, wie etwa mögliche Gefahren für den Wohnungserhalt (z.B. Neigung zur Vermüllung oder Mietschulden). So können wir bereits vor dem Einzug Maßnahmen ergreifen, um den Wohnraum langfristig zu sichern. Suchtprobleme sind für uns nachrangig, solange sie den Wohnungserhalt nicht gefährden. Falls Unterstützung bei einer Entgiftung gewünscht wird, kann dies in den Gesprächen oder später im Betreuungsverlauf angesprochen werden.

Welche Rolle spielt die sozialarbeiterische Unterstützung in eurem Projekt? Wie begleitet ihr die Mieter*innen im Alltag?

Die sozialarbeiterische Unterstützung folgt dem Prinzip „Alles kann, nichts muss.“ Viele Klient*innen schätzen es, dass wir ihnen bei Bedarf helfen, auch wenn sie anfangs dachten, keine Unterstützung zu benötigen. Besonders wichtig ist die Anfangsphase, in der wir eine Vertrauensbasis aufbauen, damit sich die Mieter*innen wohlfühlen und sich gerne bei uns zu melden, wenn sie Unterstützung benötigen. Denn der Schritt, nach Jahren ohne eigenen Mietvertrag oder Obdachlosigkeit ein festes Mietverhältnis einzugehen, kann sehr herausfordernd sein.

Unsere Sozialarbeiterinnen zwingen keine Hilfe auf, sondern bieten Unterstützung an, wenn länger nichts von den Klient*innen zu hören ist. Auch die Wohnhelfenden stehen auf freiwilliger Basis bereit, um bei Umzügen, Finanzplanung oder Alltagsfragen zu helfen, wie zum Beispiel gesundes Kochen mit geringem Budget. Sie unterstützen zudem bei der Suche nach Entgiftungskliniken und begleiten zu wichtigen Terminen.

Wir sind flexibel und passen unsere Hilfe an die Bedürfnisse der Klient*innen an, sei es der Besuch einer Bibliothek oder andere individuelle Unterstützung. Unsere Herangehensweise ist entspannt und ohne Zwang, was oft die Motivation erhöht, Veränderungen herbeizuführen. Wenn Klient*innen keine Änderungen wünschen, akzeptieren wir das und bieten weiterhin Unterstützung durch Verweise an Beratungsstellen oder andere Einrichtungen.

Wie nachhaltig ist das Konzept von Housing First? Gibt es Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Mieter*innen langfristig in ihren Wohnungen bleiben?

Das Konzept zeigt sich in der Praxis als sehr nachhaltig. Bisher hatten wir nur einen Fall, bei dem ein Mieter nach einem Jahr ordnungsgemäß ausgezogen ist, ohne Schäden zu hinterlassen. Weltweit liegt die Wohnstabilität bei Housing First-Projekten je nach Quelle bei 80 bis über 90 %. Auch wenn viele Projekte noch relativ neu sind und die Mietdauer daher bisher relativ kurz, ist es ein Erfolg, dass unsere Klient*innen oft besser in ihrem eigenen Wohnraum zurechtkommen als in vorherigen Wohneinrichtungen, aus denen manche aufgrund von Konflikten herausgeflogen sind.

Außerdem sollte berücksichtigt werden, wie viele Kosten durch die Housing First-Projekte eingespart werden. Natürlich kostet auch das Projekt in Stuttgart viel Geld, Alternativen wie betreute Wohneinrichtungen oder Notübernachtungsplätze sind aber auch teuer – insbesondere wenn man Personal-, Reinigungs-, Verwaltungs- und Sicherheitskosten einberechnet.

Wir fördern die langfristige Wohnstabilität, indem wir frühzeitig eingreifen, wenn Probleme auftreten. Unser Ziel ist es, eine Vertrauensbasis aufzubauen, damit Klient*innen sich bei Schwierigkeiten melden. Falls dennoch eine Kündigung durch die Vermietende*n erfolgt, bieten wir eine Mietausfallgarantie an, können aber gesetzliche Kündigungen nicht verhindern. Vermieter*innen können sich bei Problemen ebenfalls frühzeitig an uns wenden, um eine Kündigung zu vermeiden.

Ein wesentlicher Vorteil von Housing First ist, dass der Wohnraum auch bei einem Kontaktabbruch des*der Klient*in erhalten bleibt. Somit erfolgen Unterstützung und Wohnraumvermittlung getrennt voneinander, im Gegensatz zu vielen sozialen Einrichtungen, wo Wohnraumverlust droht, wenn man die Hilfe ablehnt.

Wie reagieren Vermieter*innen auf das Konzept? Welche Bedenken äußern sie häufig, und wie begegnet ihr diesen?

Viele Vermietende, sowohl gewerbliche als auch private, finden das Housing First-Konzept zwar gut, sind jedoch zögerlich, ihre Wohnungen über uns zu vermieten. Häufige Bedenken sind, dass die Miete nicht pünktlich kommt oder dass die Nachbarschaft beeinträchtigt wird. Um diese Sorgen zu adressieren, weisen wir auf unsere Mietausfallgarantie und den Schadensausgleich hin. Außerdem bieten wir sozialarbeiterische Unterstützung an, um Probleme zu lösen, die das nachbarschaftliche Verhältnis gefährden könnten.

Ein weiteres Argument gegen die Wohnraumvermittlung über Housing First ist, dass einige Vermietende höhere Mieten verlangen, um ihre Immobilienkredite decken zu können. Die Mietobergrenze von Housing First kann in solchen Fällen problematisch sein. Da viele Vermietende ihre Immobilien als Altersvorsorge betrachten, befürchten sie finanzielle Risiken.

Deshalb konzentrieren wir uns verstärkt auf gewerbliche Vermietende wie Wohnungsunternehmen und Baugenossenschaften sowie private Eigentümer*innen mit mehreren Immobilien. In Stuttgart konnten wir bereits fünf solcher Vermietenden für Housing First gewinnen, und diese Mietverhältnisse laufen bisher gut.

Wie trägt Housing First eurer Meinung nach dazu bei, die langfristige Wohnungslosigkeit in Stuttgart zu reduzieren? Gibt es bereits Erfolge, die ihr teilen könnt?

Seit Beginn unseres Projekts im Mai 2022 haben wir bereits 38 Personen in 23 feste Mietverhältnisse vermittelt (Stand September 2024). Im Herbst steht die Vermittlung der 24. Wohnung an, was bedeutet, dass fast 40 Personen nicht mehr wohnungs- oder obdachlos sind. Jede vermittelte Wohnung ist ein wichtiger Schritt zur Reduzierung von Obdach- und Wohnungslosigkeit.

Dank eines Kontingents, das wir mit einem Wohnungsunternehmen vereinbart haben, werden wir voraussichtlich noch 19 weitere Wohnungen erhalten. Dies bringt uns unserem Ziel, bis Ende 2025 insgesamt 50 Wohnungen zu vermitteln, deutlich näher.

Wir sehen auch große Fortschritte bei unseren Klient*innen, die bereits einige Zeit in ihren Wohnungen leben: Einige setzen sich aktiv mit ihren Suchtproblemen auseinander, ein Klient hat eine feste Anstellung gefunden, und familiäre Themen können nun intensiv angegangen werden. Diese Entwicklungen motivieren viele dazu, auch andere Herausforderungen zu bewältigen.

Obwohl unser Projekt allein die Wohnungslosigkeit in Stuttgart nicht vollständig lösen kann – dafür wäre mehr bezahlbarer Wohnraum und politische Unterstützung nötig – setzen wir uns weiterhin auf Social Media und durch Interviews wie dieses für das wichtige Thema der Wohnungsnot ein. Wir hoffen, dass unsere Arbeit zumindest ein wenig zur Verbesserung beiträgt.

Wie arbeiten die beteiligten Trägerorganisationen zusammen, um das Projekt erfolgreich umzusetzen? Welche Aufgaben übernimmt die Stadt Stuttgart?

Es sind vier verschiedene soziale Träger beteiligt: der Caritas Verband für Stuttgart e.V., die Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V., die Ambulante Hilfe e.V. und die Sozialberatung Stuttgart e.V. Diese sozialen Träger treffen sich regelmäßig in Steuerungsgruppen, um den aktuellen Stand des Projekts zu besprechen und zukünftige Schritte zu planen. So bringen wir Know-how aus verschiedenen Bereichen der Wohnungsnotfallhilfe und Straffälligenhilfe ein.

Bei jedem zweiten Treffen sind auch die projektverantwortlichen Sozialplaner*innen des Stuttgarter Sozialamts dabei, die die Haushaltsplanung überwachen. Die Landeshauptstadt Stuttgart finanziert das Projekt zu 90 %, während die Vector-Stiftung 10 % beisteuert. Wir diskutieren derzeit mit der Stadt, wie das Projekt nach dem Ende im Dezember 2025 fortgeführt werden kann, um das Housing First-Konzept dauerhaft in der Wohnungsnotfallhilfe in Stuttgart zu etablieren.

Außerdem ist bei jedem zweiten Treffen die Projektleiterin der Vector-Stiftung anwesend. Sie ist gut vernetzt und sorgt für den Austausch zwischen den landesweiten Housing-First-Projekten.

Wie reagiert die lokale Gemeinschaft auf euer Projekt? Gibt es Unterstützung oder auch Widerstand seitens der Bevölkerung?

Wir stehen in regelmäßigem Kontakt mit anderen sozialen Projekten der Straßensozialarbeit und den Fachberatungsstellen der Wohnungsnotfallhilfe in Stuttgart, die unser Projekt unterstützen und Werbung dafür machen. Auch mit den Mitarbeitenden des Straßenmagazins Trott-war pflegen wir eine gute Beziehung. Sie haben uns bereits Sachspenden zukommen lassen und planen, bald ein Interview mit uns zu veröffentlichen.

Auf Social Media erhalten wir oft Likes und Lob. Zudem bekommen wir gelegentlich Sach- und Geldspenden von der Bevölkerung und größeren Institutionen. Besonders Geldspenden sind für uns wichtig, da sie uns bei Umzügen unterstützen, etwa für das Mieten eines Sprinters oder den Kauf von Möbeln für neue Mieter*innen. Die Pauschalbeträge der Jobcenter für Wohnungseinrichtungen sind in der Praxis oft nicht ausreichend.

Bislang haben wir keinen Widerstand erlebt, und auch auf Social Media bleibt es erfreulicherweise ruhig.

Wie seht ihr die Zukunft von Housing First Stuttgart? Gibt es Pläne, das Projekt zu erweitern oder zu verändern?

Angesichts des Erfolgs unseres Projekts bei der Wohnstabilität und der positiven Entwicklung der Teilnehmer*innen sind wir zuversichtlich für die Zukunft. Auch die Nachfrage zeigt, dass unser Konzept gut angenommen wird. Die Stadt unterstützt das Projekt und arbeitet mit uns an der dauerhaften Integration des Konzepts in die Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe. Ziel ist es, unseren Ansatz „Erst die Wohnung – dann die Hilfe bei Bedarf“ auszuweiten.

Aktuell testen wir diesen Ansatz nur in einer vierjährigen Modellphase. Ein erfolgreicher Ausbau hängt jedoch davon ab, dass ausreichend bezahlbarer Wohnraum verfügbar ist, was derzeit ein großes Problem darstellt – nicht nur für unsere Zielgruppe. Ohne Fortschritte in der Wohnungspolitik und bei der konsequenten Senkung der Mietpreisen bleiben wir besorgt über die Zukunft. Dies ist besonders besorgniserregend, da die EU das Ziel verfolgt, Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden.

Wie kann die Stuttgarter Bevölkerung das Housing First-Projekt unterstützen, sei es durch Bereitstellung von Wohnraum oder auf andere Weise?

Die größte Unterstützung, die geleistet werden kann, ist die Bereitstellung von Wohnraum in Stuttgart mit unbefristeten Mietverträgen zu angemessenen Preisen. Daher freuen wir uns immer über Angebote von Privatpersonen, die Wohnraum zur Verfügung stellen möchten. Auch Geldspenden sind herzlich willkommen. Eine weitere wichtige Unterstützung besteht darin, auf unser Projekt und das Thema Obdach- und Wohnungslosigkeit aufmerksam zu machen. Unser Ziel ist es, Vorurteile abzubauen, und das gelingt am besten durch umfassende Information und breite Öffentlichkeitsarbeit. Social Media ist hierfür ein effektives Werkzeug, auf dem jede*r Beiträge liken, teilen und kommentieren kann.

Wir sind besonders erfreut darüber, dass immer mehr Studierende, insbesondere aus dem Bereich Soziale Arbeit, auf uns zukommen. Sie helfen uns zum Beispiel beim Wände streichen oder schreiben Hausarbeiten zum Thema Housing First.

MEHR INFOS:
https://housing-first-stuttgart.de