„Du musst deine Träume ernst nehmen“
NFL-Profi und Stuttgart Surge-Co-Owner Jakob Johnson
Jakob Johnson kennt man in Stuttgart – und das nicht nur unter American Football-Fans. Der gebürtige Bad Cannstatter hat eine beeindruckende Karriere hingelegt: Vom Jugendspieler bei den Stuttgart Scorpions ging’s über die University of Tennessee in die NFL.
Dort spielte er unter anderem für die New England Patriots und aktuell für die Houston Texans. Als erster deutscher Spieler wurde er direkt über das International Pathway Program in den aktiven Kader eines NFL-Teams aufgenommen – ein Meilenstein für den Football in Deutschland.

Jakob Johnson beim Warum-Up im Allegiant Stadium
Doch Jakob ist nicht nur auf dem Feld aktiv. Inzwischen ist er Mitbesitzer des ELF-Teams Stuttgart Surge, engagiert sich leidenschaftlich für die Nachwuchsförderung und bleibt seiner Heimatstadt auch trotz US-Lifestyle und Football-Hype treu. Wir haben mit ihm über seine Anfänge, Kulturschocks, Döner-Spots in Stuttgart und seine Visionen für die Zukunft gesprochen.
Jakob, du hast es von den Stuttgart Scorpions bis in die NFL geschafft. Wie hat deine Footballreise begonnen?
Ich habe damals mit 13 oder 14 bei den Stuttgart Scorpions mit Flag Football angefangen. Ich war vom Fußball enttäuscht – nie passende Trikots, ich war immer größer und kräftiger als die anderen Kids. Beim Football habe ich vom ersten Training angemerkt: Das ist mein Sport. Die Sachen, für die ich vorher „rausgestochen“ bin, wurden hier gefördert. Ich war sofort verliebt.
An welche Momente aus deiner Jugendzeit erinnerst du dich besonders gern?
Definitiv an den Teamgeist und die Freundschaften. Viele meiner damaligen Mitspieler sind bis heute enge Freunde. Die Auswärtsfahrten, das McDonald’s danach, Siege, Niederlagen – das bleibt im Kopf. Jugendfootball ist der ehrlichste und spaßigste Football.
Was waren die größten Unterschiede zwischen Football in Deutschland und den USA?
Sportlich sind die Ressourcen in den USA natürlich krass: Highschools mit Fitnesszentren, Personal Trainern, Mental Coaches. Aber das größere Adjustment war kulturell. In Deutschland war Football damals eher ein Zufluchtsort für „Misfits“. In den USA ist Football Mainstream, konservativer, strukturierter – da wird vor dem Spiel gebetet.

Maschiiine – Jakob gibt beim Training alles!
Wie war dein Alltag in den USA als Schüler und später als Student?
In Deutschland bist du viel selbstständiger. In den USA fühlte ich mich oft bevormundet. Die Kids dort werden abgeholt, bekommen Essen gestellt, viele bringen nicht mal Stifte mit in die Schule. Auch an der Uni gab’s Hausaufgaben, Anwesenheitspflicht – viel mehr Kontrolle. Und Trinken erst ab 21 – das war schon ein Kulturschock.
Hat dich das Leben in den USA verändert?
Ja, auf jeden Fall. Du gewöhnst dir gewisse Empathie fast ab. Du siehst viel Leid und Elend, aber keiner kümmert sich. In der Highschool hatten wir Bücher mit fehlenden Seiten – niemanden hat’s interessiert. Du brauchst ein dickes Fell. Und Umweltbewusstsein wie Mülltrennung? Gibt’s hier kaum.
Was macht Stuttgart für dich besonders?
Das Stadtbild, das Grün, die Mischung aus Großstadt und Natur. Egal wo du bist – du siehst Bäume. Es gibt Flair und Charakter. Mein Lieblingsprogramm für Besucher: Rössles-Wanderung, Fernsehturm, Königstraße, Schlossplatz und dann deutsches Essen – z.B. im Paulaner Biergarten.
Was isst du am liebsten, wenn du in Stuttgart bist?
Ganz klassisch: Döner – Alaturka oder Kebabhaus am Feuersee. Auch Udo Snack oder der Asiawok daneben sind Pflicht. Früher war auch der China-Imbiss an der Schwabstraße unser Spot. Und natürlich deutsche Küche – Spätzle oder Maultaschen, wobei ich klar ein Maultaschen-Camp bin.
Du engagierst dich stark für den Nachwuchs. Was gibst du jungen Spielern mit auf den Weg?
Nimm deine Träume ernst. In Deutschland glauben viele nicht daran, wirklich „groß“ zu werden. Aber wenn du deinen Traum wie einen Nordstern behandelst und auf deine innere Stimme hörst, kommst du weiter. Und denk dran: Hinter deinem Ziel steht meist eine größere Bedeutung – nicht nur für dich selbst, sondern für andere.
Was bedeutet dir dein Engagement bei Stuttgart Surge und in der ELF?
Sehr viel. Ich habe mich immer gefragt: Wie kann es sein, dass wir so viele Footballfans haben, aber keine Profi-Liga? Die ELF ist für mich eine Herzensangelegenheit. Die Surge wächst jedes Jahr – sportlich und in der Community. Es macht riesigen Spaß.
Was wäre für dich das i-Tüpfelchen mit Stuttgart Surge?
Eine Championship auf deutschem Boden – am besten im eigenen Stadion. Ich habe als Jugendspieler nie den German Bowl gewonnen. Ein ELF-Titel mit der Surge wäre für mich die ultimative Bestätigung jahrelanger Arbeit.
Wo siehst du dich nach deiner aktiven Karriere?
Ich denke oft über eine Rückkehr nach Deutschland nach – vor allem wegen meiner Frau, die sich in Stuttgart verliebt hat. Ich möchte das, was ich gelernt habe, mitbringen: Ob im Bereich Football, Yoga, Gesundheit oder Ernährung – ich sehe da viel Potenzial in Stuttgart. Und ja, es gibt definitiv Platz für meine Ideen.

Und dein Lebensmotto?
Ich habe kein festes Motto, eher Core Values: Liebe, Freiheit, Integrität. Ich lese viel Philosophie, religiöse Schriften – und lasse mich davon leiten. Aber ich bin keiner, der sich auf einen einzigen Spruch festlegt. Das Leben ist vielfältig – so auch meine Ansichten.


