MUSIK AUS LEIDENSCHAFT
Nagomi hat das erreicht, wovon viele träumen: Sie hat ihre Leidenschaft für Musik zum Beruf gemacht. Im Interview gibt die 26-Jährige spannende Einblicke in ihren inspirierenden Weg.
Schon in jungen Jahren stand sie auf der Bühne und zeigte ihre Liebe zur Musik, obwohl sie dafür viel Kritik einstecken musste. Heute schöpft sie aus diesen Erfahrungen jede Menge Kraft, die sie in ihre Songs, ihre Fans und ihre Projekte einbringt. Mit ihrer positiven Energie und dem unerschütterlichen Engagement für die Musik ist sie ein echtes Vorbild für kreative Selbstverwirklichung. Seht selbst!
Eine wichtige Frage, die viele interessiert, zuerst: Was steckt hinter deinem Künstlernamen Nagomi?
Nagomi ist inspiriert von meinem Zweitnamen Imogen. Mein Opa sagte immer, Imogen sei der musikalischste Name überhaupt, aber ich konnte das nie nachvollziehen und fand den Namen eher blöd (lacht). Hier kommt die Verbindung zur Musik: Ich begann Musik zu machen, um mit persönlichen Struggles umzugehen, und konnte daraus etwas Schönes schaffen, das viele Menschen berührt. Ähnlich ist es mit Imogen: Obwohl ich den Namen ursprünglich nicht mochte, habe ich ihn verändert, um etwas Neues und Schönes daraus zu machen. Interessanterweise habe ich später entdeckt, dass Nagomi auch eine japanische Lebensphilosophie ist. Sie besagt, dass man die Gegebenheiten annimmt und etwas Eigenes hinzufügt, um das Vorhandene zu vervollständigen und zu perfektionieren.
Wie bist du zur Musik gekommen?
Musik war schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens. Bei uns zu Hause lief ständig Musik – vor allem RnB und Soul, aber auch viel türkische Musik, die mein Vater gerne hörte. Diese Einflüsse spiegeln sich heute in meiner eigenen Musik wider: RnB und Soul mit orientalischen Elementen. Selbst Musik zu machen, war ein Wunsch, der tief in mir steckte. Mit zehn Jahren begann ich, ihn ernsthaft zu verfolgen. Damals bin ich auf meine Mutter zugegangen und habe gefragt, ob ich Gesangsunterricht nehmen kann. Das war der Beginn einer Reise, die bis heute andauert.
Was ist dir bei deiner Musik wichtig?
Dass ich sie in erster Linie für mich selbst mache. Musik war für mich immer ein Safe Space, der mir ganz viel Kraft, Halt und Mut geschenkt hat. Wenn ich anfange, nach den Regeln anderer oder des kommerziellen Marktes zu spielen, fühlt es sich einfach nicht mehr echt an. Ich bekomme natürlich viele ungefragte Meinungen – und versteht mich nicht falsch, ich höre mir das auch an. Am Ende nehme ich aber nur das mit, was sich für mich richtig anfühlt.
Wie gelingt es dir, dich von der Meinung anderer abzugrenzen?
Heutzutage ist mir die Meinung anderer ziemlich egal, worüber ich wahnsinnig froh bin. Das war aber nicht immer so. Dadurch, dass ich so früh angefangen habe, Musik intensiv zu verfolgen, musste ich mich schon in jungen Jahren mit Gegenwind auseinandersetzen. In der Pubertät haben sich viele über mich lustig gemacht und mich als desillusioniert, nicht besonders oder gut genug abgestempelt. Das war hart, es hat mich aber auch stärker gemacht und eine Art „Jetzt-erst-recht“-Mentalität geweckt. Ich denke, all das hat mich darauf vorbereitet, heute mit größeren Reichweiten umzugehen, weshalb mir die Abgrenzung jetzt wirklich gut gelingt.
Schreibst du deine Songs alle selbst? Und wenn ja, wie entsteht so ein Song? Was ist zuerst da – ein Gefühl, ein Text, eine Melodie?
Ja, ich schreibe und produziere alle meine Songs selbst. Female Producer zu sein ist eine echte Seltenheit, und ich bin stolz darauf. Wie ein Song entsteht, ist bei mir ganz unterschiedlich. Oft passiert es in den unpassendsten Momenten – in der Bahn, beim Autofahren oder im Supermarkt. Dann greife ich zu meinem Handy, öffne eine Sprachmemo und summe das ein, was mir gerade in den Kopf kommt. Außerdem schreibe ich viel auf. Ich habe immer ein kleines Buch dabei, in dem ich meine Ideen festhalte. Zu Hause habe ich mir eine kleine Studioecke mit Interface, Mikrofon und Co. eingerichtet. Sobald ich Zeit habe, nehme ich dann alles auf und beginne mit der Produktion.
Hast du dir das Produzieren selbst beigebracht?
Ja, das Produzieren habe ich mir selbst beigebracht. Die Corona-Pandemie hat mir dabei in die Karten gespielt. Vor dem Lockdown war ich ständig zwischen Studium, Shows und Arbeit unterwegs. Als der Lockdown kam, hatte ich zunächst Angst und fragte mich: „Was mache ich jetzt mit meinem Leben?“ Doch nach dem Motto „sink or swim“ habe ich mich für „swim“ entschieden und die geschenkte Zeit genutzt, um etwas Neues zu lernen – in meinem Fall das Musikproduzieren.
Du wurdest bei „Sound of Stuttgart“ als Newcomerin des Jahres ausgezeichnet. Was hat diese Auszeichnung verändert?
Was mich besonders berührt hat, ist, dass der Preis durch eine Abstimmung verliehen wird. Es gibt so viele tolle Artists aus Stuttgart, für die man hätte stimmen können – als verkündet wurde, dass ich die Auszeichnung bekomme, war mein erster Gedanke: „Warum ich?“ Es war einfach schön zu sehen, dass ich so viel Unterstützung bekomme, dass Leute mir ihre Stimme geben und mit mir gemeinsam für meine Musik einstehen.
Neben deiner eigenen Musik ermutigst du auch andere dazu, ihre Stimme zu nutzen. Kannst du uns etwas über deine Workshops erzählen?
In meinen Workshops geht es um alles rund um Musik und Selbstständigkeit. Als ich anfing, mich intensiver mit Musik zu beschäftigen, hatte ich keine Ahnung, wo und wie ich starten sollte. Es gab niemanden, der mich an die Hand genommen und mir Dinge wie GEMA, Business-Versicherungen, Steuern und Künstlersozialkasse erklärt hat. Deshalb helfe ich aufstrebenden Künstler*innen, Antworten auf all diese Fragen zu finden. Außerdem gebe ich Tipps zu Performance und Bühnenpräsenz – zum Beispiel, wie man mit Publikum umgeht, wie man kritische Situationen bei Gigs meistert und wie man eine Verbindung zu seinen Fans aufbaut.
Gibt es Künstler*innen, die dich inspirieren oder mit denen du gerne mal zusammenarbeiten würdest?
Ich würde unglaublich gerne einen Song mit Teddy Swims veröffentlichen – wie greifbar das ist, weiß ich nicht (lacht). Mich inspiriert aber auch die Musik aus meiner Kindheit. Bei uns zu Hause lief ganz viel Akon, 50Cent, Eminem. Die erste CD, die ich mir von meinem eigenen Taschengeld gekauft habe, war „Spirit“ von Leona Lewis – dieses Album habe ich rauf- und runtergehört. Es war auch die Musik, zu der ich mich das erste Mal richtig getraut habe, zu singen.
Welche Bedeutung hat der Ort Stuttgart für deine Musik und deine Inspiration?
Stuttgart ist für mich ein echter „happy place“! Obwohl ich in Reutlingen aufgewachsen bin und derzeit in Esslingen wohne, fühle ich mich in Stuttgart richtig wohl. Die Stadt bekommt oft Kritik von Leuten außerhalb, aber ich finde, wenn man die richtigen Ecken kennt, bietet Stuttgart eine großartige Lebensqualität und viel Inspiration für meine Musik.
Wie ist es in Stuttgart als Musiker*in? Gibt es eine Musik-Szene?
In Stuttgart gibt es eine Musik-Szene, die ich jedoch als ziemlich gesplittet empfinde. Ich würde mir wünschen, dass die verschiedenen Musik-Bubbles mehr miteinander in Kontakt kommen. Das ist hier etwas, das man aktiv anstreben muss. In anderen Städten wie Berlin, wo die Menschen tendenziell offener sind, ist das oft einfacher. Trotzdem: Die Szene in Stuttgart ist lebendig, man muss nur hinschauen und offen sein, um sich über die verschiedenen Bubbles hinweg zu vernetzen und breit aufgestellt zu sein.
Auf was darf man sich von dir dieses Jahr noch freuen und wann erscheint dein neues Album?
Dieses Jahr kommt die zusammengefasste Version meines Albums „Mindrace“ heraus. Bisher war „Mindrace“ auf Spotify in drei Teilen verfügbar: Love, Heartbreak und Healing. Das Album beschäftigt sich mit mentaler Gesundheit und der Beziehung zu sich selbst und anderen. Gegen Ende des Jahres veröffentliche ich auch meine erste deutsche EP mit dem Titel „Zimmer Nr. 11“. Bisher habe ich nur englischen RnB und Soul gemacht, weil ich mich auf meiner Muttersprache immer etwas „zu nackt“ gefühlt habe. Jetzt fühlt es sich jedoch gut an, auf Deutsch zu singen. „Zimmer Nr. 11“ ist noch persönlicher, ehrlicher und etwas melancholischer.
Was möchtest du noch loswerden?
Mir ist es wichtig, Menschen zu ermutigen, sie selbst zu sein und sich von den Erwartungen anderer zu befreien. Das ist auch eine Botschaft, die ich in meinen Shows immer wieder vermitteln möchte.