NED GSCHIMPFT, ISCH GLOBT GNUG!

WIE MAN SICH SELBST UND ANDERE GARANTIERT DEMOTIVIERT

Die meisten Menschen glauben, dass man jemandem (oder sich selbst) zum Handeln bringt, indem man ihm sagt „Tue dies! Lasse das!“.

Sie sagen sich selbst oder anderen, dass sie sich mehr anstrengen, mehr Initiative zeigen oder kreativer sein sollen. Sie fordern, befehlen, geben Handlungsanweisungen heraus, halten Meetings ab, formulieren Stellungnahmen und Gutachten, konsultieren Berater und Coaches um Dinge, andere Menschen oder sich selbst zum Laufen zu bringen. Sie suchen ständig nach einem „guten Grund“ um anzufangen, verlangen einfache „Kochrezepte“, sehnen sich nach Anweisungen und anderen positiven Beeinflussungsfaktoren, die sie selbst oder einen anderen zum Tun bewegen.

Das Problem an diesen „To-Do-Anweisungen“, Beeinflussungsfaktoren und „guten Gründen“ ist, dass sie über kurz oder lang ihre Wirkung verlieren und die Menschen „resistent“ dagegen werden. Menschen ändern ihr Verhalten kurzfristig, vor allem wenn sie in einem engen „Setting“ durch den Chef, Lehrer, Partner, Arzt oder Personal Trainer geführt, überwacht oder kontrolliert werden – aber sobald sie sich wieder selbst überlassen sind, kommt der alte Schlendrian zum Vorschein und die guten Vorsätze sind schnell vergessen.

Audrey C. Daniels, ein Management Guru der 1990er Jahre, schreibt, dass es einen besseren Weg gibt, um das Verhalten von Menschen (und damit auch sein eigenes Verhalten) zu beeinflussen. Anstelle einfach nur gute Handlungs- und Motivationsanweisungen zu formulieren, könnte man auch nach etwas Ausschau halten, das die Wahrscheinlichkeit für das Wiederholen einer bestimmten Verhaltensweise erhöht oder verringert.

Zum Beispiel könnte man jemanden dafür loben, anerkennen oder belohnen, wenn er seine Arbeit pünktlich abliefert, anstelle ihm einfach nur zu sagen, dass die Arbeit pünktlich zu erledigen sei! Genauso gut könnte man jemanden für seine Verspätungen bestrafen, abmahnen oder kündigen. Genaugenommen geht es also darum, aufzuzeigen, dass ein bestimmtes Verhalten immer eine ganz bestimmte Konsequenz zur Folge hat.

Verhaltensänderungen sind viel leichter umzusetzen, wenn man sich auf die Konsequenzen konzentriert, die sich aus dem geänderten Verhalten ergeben, als auf die Gründe dafür, die Verhaltensänderung überhaupt zu initiieren. „Gute Gründe“ haben die Kraft das Verhalten ein, zwei oder dreimal zu verändern – echte Konsequenzen hingegen bringen das gewünschte Verhalten immer wieder, fast wie von Zauberhand, hervor.

Daniels beschreibt vier unterschiedliche Arten möglicher Konsequenzen, die sich aus dem Verhalten ergeben können.

Typ 1: Positive Verstärkung – „Belohnung!“

Unter einer „Belohnung“ versteht man eine positive Konsequenz, die dazu führt, dass jemand ein bestimmtes Verhalten immer wieder zeigt. Beispiel: Jemand hat Schwierigkeiten bei der Erledigung seiner Aufgaben und bittet den Chef um Hilfe. Der Chef hilft tatkräftig. Die Person wird sich bei der nächsten Schwierigkeit höchstwahrscheinlich wieder an den Chef wenden.

Typ 2: Bestrafung – „Der Stock!“

Jeder kennt den „Stock“ – eine Bestrafung als negative Konsequenz für eine bestimmte Verhaltensweise. Das führt dazu, dass jemand zukünftig das Verhalten vermeidet. Beispiel: Jemand hat Schwierigkeiten bei der Erledigung seiner Aufgaben und bittet den Chef um Hilfe. Der Chef sagt: „Muss ich hier alles alleine machen? Kümmern Sie sich selbst darum!“ Die Person wird sich bei der nächsten Schwierigkeit sicherlich zweimal überlegen, ob sie sich wieder einen Rüffel vom Chef einfangen will.

Typ3: Löschung – „Ignoriere das Verhalten und es wird verschwinden“

Man hofft darauf, dass sich bestimmte Verhaltensweisen von alleine „erledigen“, indem man sie ignoriert. Beispiel: Jemand hat Schwierigkeiten bei der Erledigung seiner Aufgaben und bittet den Chef um Hilfe. Der Chef sagt: „Ich habe keine Zeit um Ihnen zu helfen!“ Die Person wird den Chef noch einige Male um Rat fragen. Wenn Sie jedoch keine Antwort erhält, wird sie es irgendwann aufgeben.

Typ 4: Negative Verstärkung – „Wenn Sie das nochmal machen, dann…!“

Die „Wenn-dann-Drohung“ ist als Konsequenz sehr weit verbreitet – in Familien mit kleinen Kindern, in der Schule, bei der Arbeit oder in der Partnerschaft. Beispiel: Jemand hat Schwierigkeiten bei der Erledigung seiner Aufgaben und bittet den Chef um Hilfe. Der Chef sagt: „Über diese Sache habe ich auch schon nachgedacht. Sie ist unsinnig. Sie brauchen das nicht zu machen!“ Die Person wird sich beim nächsten Problem oder bei der Frage, ob etwas sinnvoll ist, wieder an den Chef wenden, um die Tätigkeit zu vermeiden. Noch ein Beispiel: Der Boss droht jemandem mit Entlassung, wenn er die Jahresziele nicht erreicht. Die Person erreicht das Jahresziel. Die Person verhindert dadurch ihre Entlassung. Die Person wird immer wieder versuchen, die Jahresziele zu erreichen.

Alle vier Arten von Konsequenzen sind hilfreich, um sein eigenes Verhalten oder das von anderen zu steuern, aber Daniels glaubt, dass positive Verstärkung sinnvoller ist, als die drei anderen.

Das Problem mit negativer Verstärkung

In der Arbeit bekommt man gesagt, dass man seine Arbeit bis Freitag erledigen soll, ansonsten drohen „echte Konsequenzen“. Kindern droht man an, wenn sie nicht sofort ihr Zimmer aufräumen, dass sie dann kein Abendbrot bekommen oder das Fernsehen gestrichen wird. Kinder räumen dann auf und Arbeitnehmer erledigen ihre Aufgaben aus Angst fristgerecht – sie ändern also ihr Verhalten. Was soll daran schlecht oder falsch sein?

Das Problem an negativen Verstärkungen besteht darin, dass Menschen nur noch gewillt sind, ihre Aufgaben zu erledigen, um die negativen Konsequenzen zu vermeiden. Man erledigt seine Aufgabe bis Freitag, aber nicht bis Donnerstag und schon gar nicht bis Mittwoch. Die Kinder räumen nur noch unter Drohungen auf und auch nur soviel, dass das Fernsehen gerettet ist. Wenn man also damit zufrieden ist, wenn man selbst oder andere nur noch Dienst nach Vorschrift machen und ein Minimum an Leistung abliefern, dann sollte man mit negativer Verstärkung arbeiten. Man bekommt genau das, wonach man gefragt hat, aber kein bisschen mehr.

Das Problem mit Bestrafungen

Bestrafungen sind die andere Seite der Negativen-Verstärkungs-Medaille. Mit negativer Verstärkung und mit der Androhung von negativen Konsequenzen, kann man ein Verhalten erzwingen, das man haben will. Mit konkreten Bestrafungen verhindert man ein Verhalten, das man nicht haben will. Genauso wie bei den negativen Verstärkungen bekommt man durch Bestrafungen extrem schnell die gewünschten Verhaltensänderungen, aber nur zum Preis von einem Minimum an Leistung. Menschen, die mit Bestrafung rechnen müssen, leisten nur noch genau so viel, um der Bestrafung zu entgehen. Zusätzlich neigen sie mittel- bis langfristig dazu, dass sie die Arbeit oder Abmachungen gänzlich sabotieren, sie aus Angst lügen, nach Entschuldigungen oder anderen Schuldigen suchen, dass sie sich hinter Autoritäten verstecken und sich weigern, Verantwortung für die Sache zu übernehmen. Und es ist nicht unverständlich, dass Menschen, die häufig für ihr Verhalten bestraft werden, sich dagegen (auch handgreiflich) wehren.

Das Problem mit der Verhaltenslöschung

Es kann tatsächlich passieren, dass sich manch ungewünschtes Verhalten dadurch „löscht“, dass man es ignoriert. Es kann aber auch sein, dass es sich nicht löscht oder, dass es spontan wieder zum Vorschein kommt oder durch ein anderes ungewünschtes Verhalten ersetzt wird. Selbst dann, wenn das ungewünschte Verhalten durch Ignorieren gelöscht werden kann, lernt das Gegenüber (oder man selbst) noch lange nicht, welches Verhalten wünschenswert wäre. Insgesamt ist der Versuch, ungewünschtes Verhalten durch Ignorieren zu löschen, ein ziemlich stumpfes Schwert.

Die Macht der positiven Verstärkung

Glücklicherweise müssen wir uns und andere für das Verhalten nicht nur negativ verstärken, bestrafen oder ignorieren, wir können auch den entgegengesetzten Weg gehen:

  1. Positive Verstärkung lehrt uns auf eine nette und angenehme Weise, was wünschenswert ist und was nicht. Der schönste Nebeneffekt besteht darüber hinaus noch darin, dass Menschen, in dem was sie tun, besser werden.
  2. Durch positive Verstärkung sind Menschen bereit mehr zu geben, als das Minimum – sie wollen dann nicht nur negative Konsequenzen vermeiden, sondern sie streben danach, ihr volles Potential zu entfalten.

Belohnungen und positive Verstärker bestehen aber nicht nur aus Anerkennungen, Preisen, Medaillen, Gratifikationen, Lob und Schulterklopfen – die mächtigste Form der positiven Verstärkungen sind die positiven Ergebnisse, die sich direkt durch das Tun ergeben.

Hier noch ein paar wichtige Hinweise für den Einsatz von positiven Verstärkern:
  1. Die Verstärkung muss auf die jeweilige Person zugeschnitten sein! Und dieser Punkt ist nicht trivial, denn es ist wahrscheinlich eine Kunst herauszufinden, was einen selbst oder einen anderen „positiv verstärkt“.
  2. Die positive Verstärkung muss klar dem jeweiligen Verhalten zuzuordnen sein – Weihnachtsgeld und Firmenfeiern für jedermann und andere Geschenke, die mit der „Gießkanne“ über alle darüber geschüttet werden, sind „nett“, aber sie taugen nicht als positive Verstärker, da niemand sie einem konkreten Verhalten zuordnen kann.
  3. Die positive Verstärkung sollte möglichst sofort erfolgen. Je länger der zeitliche Abstand zwischen gewünschtem Verhalten und Belohnung ist, desto schwächer ist die Verstärkung. Am besten wirken Verstärkungen noch während der Ausübung des gewünschten Verhaltens.
  4. Positive Verstärkung muss oft durchgeführt werden – ein berühmter Psychologe namens B. F. Skinner hat einmal gesagt, dass es wahrscheinlich 50.000 (!) positive Verstärkungen braucht, um ein Kind beispielsweise für Mathematik zu begeistern. Das würde bedeuten, dass man ein Kind in den ersten vier Schuljahren während des Unterrichts praktisch jede Minute einmal loben müsste. Die Realität steht dazu im krassen Gegensatz: Kinder werden häufig gar nicht oder nur sehr wenig in ihren Anstrengungen positiv verstärkt. Sie können sich glücklich schätzen, wenn der Lehrer in einer Stunde ihnen fünfmal seine Aufmerksamkeit schenkt. In vielen Firmen gibt es einmal jährlich eine Gratifikation oder eine Firmenfeier – die Wirkung solcher „Incentives“ auf die Motivation der Mitarbeiter liegt nahezu bei null.
  5. Man sollte dringend verhindern, dass Menschen um die positiven Verstärkungen miteinander konkurrieren müssen. Die Leistung eines jeden Mitarbeiters sollte an individuellen Standards gemessen werden; so hat jeder die Möglichkeit zu wachsen.
  6. Lob sollte nie mit Instruktionen verknüpft werden: „Das haben Sie großartig gemacht, aber das hätten Sie noch besser machen können!“ Die Formulierung „aber Sie hätten…“ wirkt wie ein mentaler Radiergummi. Menschen behalten nur das, was sie falsch gemacht haben, in ihrem Kopf! Man sollte sich Verbesserungsvorschläge für einen anderen Zeitpunkt aufheben.
  7. Gute Bezahlung für die Leistungen im Job ist das Herz jeder positiven Verstärkung – aber auch nicht mehr.
Diese Zeilen sollen euch dazu inspirieren, die eigenen Neujahrsvorsätze richtig anzugehen oder den Umgang mit euren Kollegen, Mitarbeitern, Lebenspartnern und Kindern im neuen Jahr 2019 zu verbessern. Wir vermitteln dieses Wissen beispielsweise in unseren Friday Night Coachings und in unseren Ausbildungen zum Business, Sports oder Life Coach.
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