NIKLAS IBACH

Von Filderstadt zum Burning Man? Niklas Ibach weiß, wie es für ihn laufen soll. Erster Stopp: Berlin. Wir haben mit dem DJ in unserem GTS-Headquarter in Stuttgart-West über das, was war, das, was ist – und das, was noch kommen soll, gesprochen.

Mit 19 die eigenen Remixes bei Soundcloud hochladen, direkt mal ein paar Millionen Klicks sammeln und unter Vertrag genommen werden? Klingt nach einen Träumchen; war für Niklas Ibach aber Realität. Sein Song Hungry war der sogenannte Durchbruch. Bei Soundcloud gab’s 40 Millionen Klicks, bei Spotify 23 Millionen. Daraufhin meldeten sich Labels und Plattenfirmen. Aber spulen wir nochmal zurück zum Anfang: In Filderstadt wächst Niklas auf. Musik begleitet ihn schon immer: „Ich spiele Klavier, seit ich sechs Jahre alt bin. Im Laufe der Zeit habe ich dann mit der elektronischen Musik angefangen. Das war und ist für mich immer das perfekte Ventil, um mich auszudrücken.“ Gefördert wurde die Liebe zur Musik auch durch die Waldorfschule, die er besuchte. Und wenn es ein bisschen sportlicher zugehen sollte, waren Hockey und Skaten angesagt.

Laissez-faire versus schwäbische Ordnung

Das Erfolgsrezept? „Ich denke, ich habe mit Deep House einfach den damaligen Zeitgeist getroffen“, erzählt Niklas, der, hinter Cro, den zweiten Platz der meistgestreamten Künstler aus dem Raum Stuttgart belegte. Heute ist Niklas 22 und lebt in Berlin. Weil es sich richtig anfühlt – und weil seine Bookingagentur und sein Management auch dort sind. In der Hauptstadt gefällt ihm so gut, dass es wirklich kreativ ist und es einfach viele Flächen für diese Kreativität gibt:

„Ich fühle mich sehr wohl in Berlin. Aber mir fehlt die schwäbische Schaffe-Mentalität manchmal schon. Die Berliner wollen laissez-faire. Andererseits fehlt den Schwaben eben auch ab und zu das Genießen. Man sollte sich nach getaner Arbeit auch mal etwas Gutes gönnen.“

Damit mein Niklas übrigens nichts Materielles. Schließlich lebt er nach der Lehre Epikurs. Es geht um das individuelle Lebensglück und darum, Freude an Dingen zu finden, die man alltäglich macht: essen, trinken, Freunde treffen – sich nicht beschränken und Dinge wertschätzen. Die Heimat vermisst er natürlich trotzdem machmal. Immer, wenn er zurück nach Stuggi fährt, um Familie und Freunde zu besuchen, ist das für ihn eine Art Kurzurlaub. Wenn er hier ist, trifft er sich mit seinen Diggies am Marienplatz, geht gerne in die Caffè-Bar in der Innenstadt oder ins Tatti‘s im Fluxus. Wenn er runterkommen will, schaut er sich gerne Dokus auf Arte an oder verbringt Zeit in den Weinbergen rund um den Kessel. Ruhe ist ihm vor allem auch nach Gigs wichtig: „Der Größte war wohl auf der Mainstage beim SEMF letztes Jahr vor 8.000 Partypeople.“

WHEN IN BERLIN

Die Beginner wussten schon: Morgenstund hat Gold im Mund, doch Abendstund macht Platin platt. Das sieht Niklas auch so. Am kreativsten ist er meistens zwischen 23 und 4 Uhr. Deshalb steht er auch oft erst gegen elf auf: „Den besten Kaffee und Croissants gibt es im Café Croissanterie, das bei mir in Neukölln gleich ums Eck ist.“ Weil er ständig auf der Suche nach Musik ist, hängt er auch gerne in Plattenläden ab, um Inspiration zu finden. „Der beste Song besteht aus möglichst vielen unterschiedlichen Musikstilen und Einflüssen. Ein Beispiel hierfür ist der Song The Blues. Die Vocals hat ein 70-jähriger Künstler aus den USA eingesungen, der eigentlich aus dem Jazz-/Country-Bereich kommt“, meint Niklas. Das Wichtigste sei, keine Scheuklappen zu tragen, sondern offen zu sein. Immer die gleiche Schiene zu fahren, sei eher kontraproduktiv. Niklas Lieblingsremix ist übrigens Inside Out von Avalanche City, weil: emotional, ohne langweilig zu werden. Und Musik in Berlin?

„Mit Freunden treffe ich mich gerne in der Bar Nathanja & Heinreich. Wenn’s ums Feiern geht: Wer auf gute elektronische Musik steht, kommt am Berghain einfach nicht vorbei.“

AROUND THE WORLD

Was sich traumhaft anhört, erfordert aber auch ordentlich Engagement: „Viele vergessen, wie viel Arbeit dahinter steckt. Ich produziere gleichzeitig eigene Songs und Remixe. Immerhin hab ich ja auch meine Abgaben, wie in jedem anderen Job.“ Aber, läuft bei ihm: Niklas ist bei Sony unter Vertrag, legt auf der ganzen Welt auf und hat bereits 20 offizielle Remixe und vier Singles veröffentlicht. Das Tolle an seiner Arbeit sei eben auch, dass er so viel rumkomme: „Ich sehe und erlebe viel. In Singapur habe ich schon einen kleinen Freundeskreis – und in Paris lege ich zum Beispiel besonders gern auf. Die Franzosen drehen beim Feiern komplett ab. Meine Lieblingsstadt ist aber L.A., weil die Künstlerszene dort einfach großartig ist.“ Das Ziel für die Zukunft: Irgendwann mal auf dem Burning Man aufzulegen, weiterhin Musik zu machen und als Produzent in der Kreativbranche zu arbeiten. Ob’s zurück in den Kessel geht? In den Süden auf jeden Fall. Aber eher etwas Mediterranes. Nach Stuggi zieht es ihn natürlich immer wieder Mal – am 29.06. hat der ein oder andere ihn bestimmt auf dem Urban Island Festival am Waranga auflegen sehen.

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www.niklasibach.com