Amsterdam ist die Stadt der Sünde: Drogen, Sex, Freiheit. Deshalb spricht die Stadt in den Niederlanden so viele Touris an, die grölend im Rotlichtviertel umher taumeln und die meiste Zeit ihres Urlaubs auf einer Cannabis-Wolke schweben. Einheimische sagen, dass die Wochenend-Touristen zunehmen und der Charme der Stadt leidet.
Nach sechs Monaten in der Hauptstadt der Niederlande muss ich zugeben, dass diese Klischees stimmen. Was jedoch auch stimmt:
“Amsterdam bietet viel mehr!”
Neben Hausbooten, Grachten und schiefen Backsteinhäusern sorgen aufgeschlossene Menschen verschiedenster Nationalitäten für das Lebensgefühl der Stadt – und die vielen Kanäle dafür, dass die Hektik niemals Überhand nimmt.
Abseits der Touristenmassen am DamSquare, Leidseplein und Museumplein verstecken sich etliche Geheimtipps:
1. LIEBLINGSVIERTEL
Joordan
Mein Lieblingsviertel ist Joordan. Vom ehemaligen Arbeiterviertel hat es sich zu einer der schönsten Gegenden der Stadt entwickelt. Nur wenige Meter entfernt vom Zentrum ist von Gedränge und Hektik keine Spur mehr. Joordan ist das ganze Jahr über grün: Es findet sich kaum ein Hauseingang, der nicht von Töpfen voller Pflanzenvielfalt umrahmt wird. Neben gemütlichen Bars und Cafes, in denen sich vor allem Einheimische treffen, kann man auf der Haarlemmerdijk entspannt shoppen. Hier reihen sich kleine Boutiquen an Vintage-Läden und Shops mit lokalen Produkten. Ein paar Stunden in Joordan lassen jeden, der entlang der Grachten wandert oder sich für eine Weile in den schmalen Gassen verliert, das Lebensgefühl Amsterdams spüren.
Ein Trip ins Viertel lohnt sich aufgrund des Noordermarkts vor allem am Samstag. Zahllose Verkaufsstände schlängeln sich dann in der Nähe der Prinsengracht um die Noorderkerk. Hier findet sich alles, was das niederländische Herz höher schlagen lässt: Käsestände (zum Probieren!), frische Stroopwaffeln (niederländische Sirupwaffeln) und traditioneller Haaring (Hering) mit Zwiebeln. Auf dem Markt werden überwiegend regionale Bio-Produkte angeboten, weshalb eine bunte Mischung aus Anwohnern und Touristen über die Pflastersteine pilgert. Gezelligheid pur!
Amsterdam-Noord
Flohmärkte, Container-Ateliers und Strandbars – der alternative Hipster-Hafen im neuen Szenenviertel Noord ist das Kontrastprogramm zum allseits bekannten Amsterdam. Am Bahnhof nimmt man die kostenlose Fähre, die einen in zehn Minuten vorbei an einem alten U-Boot zum NDSM Werft bringt. Die Werft war einst die größte Schiffswerft Europas, bevor sie im Jahr 2000 endgültig in Insolvenz ging. In den riesigen IJ-Industriehallen findet nun einmal im Monat der größte Flohmark Europas statt. Altes Geschirr, Plattenspieler und Antiquitäten stapeln sich zwischen Levis-Jeans und Latzhosen. Wenn hier nicht gerade nach Fundstücken gekramt wird, arbeiten auf dem Gelände Architekten, Künstler und Kreative in alten Schiffscontainern.
Der Ausflug nach Noord lässt sich am besten in einem der außergewöhnlichen Cafes, Restaurants oder Bars ausklingen. Alles in einem bietet das Pllek. Vor dem Lokal graben sich in der Nähe des Ufers Liegestühle und Bierbänke in feine, weiße Kieselsteine. Sein Heineken trinkt man hier mit Blick auf die Kulisse Amsterdams. Ein weiterer Geheimtipp ist das Café Noorderlicht, das vom Gewächshaus zu einem Café und Club umfunktioniert wurde. Ein paar Stunden in Noord reichen aus, um mehr von Amsterdam zu sehen, als die meisten Urlauber.
2. AKTIVITÄTEN
Einmal Kapitän sein
Die vielen Boote gehören zu Amsterdam, wie die Fahrräder und der Käse. Vom Wasser aus lässt sich die Stadt von einem anderen Blickwinkel aus kennenlernen. Wer jedoch keine Lust auf Touri-Boote hat und sich nicht nach jeder Sehenswürdigkeit verrenken oder auf Selfies asiatischer Touristen abgelichtet werden möchte, nimmt das Steuer selbst in die Hand. Bei der Bootsvermietung Mokuumboot darf man nach kurzer Einweisung mit eigenem Proviant (Tipp: Heineken und Stroopwaffeln) auf verschiedenen Routen selbst über die Grachten schippern. Maximal acht Personen passen auf das kleine Boot, das man für zwei oder drei Stunden mieten kann.
Vintage-Shopping
Amsterdam ist DAS Vintage-Paradies. Weder in New York, noch in London lässt es sich Kleidungsstücke aus vergangenen Jahrzehnten shoppen wie hier. Meine Favoriten: Vintage-Jungle und die Kette Episode, die man gleich fünfmal in der Stadt findet. Weitere Shops: Time-Maschine, Rumors Vintage & Design und Marbles Vintage.
Ab zum Strand? Bloemendaal aan Zee
Zugegeben, Strandurlaub kommt einem nicht in den Sinn, wenn man an Amsterdam denkt. Darum trifft man in Bloemendaal aan Zee vor allem auf Niederländer, obwohl das Meer nur 45 Minuten vom Hauptbahnhof entfernt ist! Der Strandabschnitt namens Zaandvoort ist bereits ein wenig bekannter. Während sich in Zaandvoort jedoch überwiegend Familien tummeln, treffen sich in Bloemendaal vor allem junge Leute. Am Ende der Sanddünen reiht sich eine Bar an die andere. Im Sommer finden hier Strandpartys statt, im Frühjahr lassen sich die ersten Surfer beobachten, Drachen steigen oder einfach nur den Wellen lauschen. Umgeben von Sanddünen und Nordsee ist Bloemendaal aan Zee die perfekte City-Auszeit.
3. ESSEN & TRINKEN
Hummus d&a – Willkommen im Hummus-Himmel
So vielfältig, wie in diesem Restaurant gibt es das Kichererbenspüree nirgendwo. Von traditionellem Hummus, über Blumenkohl-Hummus bis hin zu Shakshuka mit Spinat und Feta – in dem kleinen Lokal stehen die leckersten orientalischen Speisen auf der Karte.Die Atmosphäre ist entspannt und ungezwungen. Da Hummus d&a vor allem bei Einheimischen beliebt ist und nicht weit entfernt vom Zentrum liegt, lohnt es sich vorab zu reservieren.
Manneken Pis – die besten Pommes der Stadt
Pommes heißen in Holland friets oder frietjes – Wer in den Niederlanden keine Pommes probiert, ist selbst schuld.Nach mehreren Tests fand ich die besten Pommes in der Nähe des Damraks bei Manneken Pis. Meistens erkennt man das Lokal an der langen Warteschlange bereits von weitem. Der Service ist jedoch schnell, sodass man selten länger als zehn Minuten wartet. Für die holländische Variante wählt man entweder Joppie-Sauce (aus Mayonnaise, Zwiebeln und Curry) oder Oorlog (Erdnussauce mit Zwiebeln).
Vegan Junk Food Bar – Nichts für Fleischliebhaber?
Veganes Fast Food kann nicht schmecken? Dieses Vorurteil wird in der Vegan Junk Food Bar bereits nach dem ersten Biss verworfen. Die Burger und Hotdogs schmecken oftmals besser als saftige Petties in den restlichen Burgerläden der Stadt. Im grünen Brötchen, mit bunten Saucen überzogen und einer Blume verziert, passt der Hotdog XXL zudem perfekt in jedes Instagram-Feed.
“Some tourists think Amsterdam is a city of sin, but in truth it is a city of freedom. And in freedom, most people find sin.” – John Green