WENN DER MAGEN ACHTERBAHN FÄHRT

SO KLAPPT DER AUFTRITT TROTZ LAMPENFIEBER

Menschen, die unter Lampenfieber leiden, berichten fast immer von den gleichen Symptomen. Besonders schlimm ist es, wenn ihnen ein wichtiger Auftritt (Vortrag, Prüfung) vor einer ihnen unbekannten Menschenmenge bevorsteht. Sie klagen dann über Ängste, großen Selbstärger und diverse Körpersymptome:

  1. Angst vor dem Versagen und davor, sich vor anderen zu blamieren
  2. Angst, von anderen für ihr angebliches Versagen abgestraft zu werden
  3. Angst vor den Körpersymptomen, die durch die Ängste entstehen 
  4. Angst vor der Angst – Manchmal leiden die Betroffenen schon Wochen vorher unter der Angst, dass ihre Angst sie beim Auftritt lähmen wird
  5. Ärger darüber, das Lampenfieber und die störenden Körpersymptome nicht in den Griff zu bekommen

Im persönlichen Gespräch geben die Betroffenen häufig an, dass sie am stärksten unter ihren Körpersymptomen leiden. Sie wünschen sich nichts sehnlicher, als dass die Körpersymptome verschwinden, denn sie befürchten zum einen, dass sie von ihren schwitzigen Händen, ihrem Magenweh, ihrer zittrigen Stimme, ihrem Herzrasen und ihrer Nervosität so im Denken blockiert werden, dass sie ihren Auftritt garantiert versauen. Zum anderen glauben sie, dass die anwesende Zuhörerschaft diese Körpersymptome wahrnehmen und diese zum Anlass nehmen wird, sie schon im Voraus als Schwächling oder Versager*in abzustempeln.

Die Ängste, die Körpersymptome und der Ärger über sich selbst kumulieren sich zum totalen Stress für die Betroffenen. Ihnen bleibt häufig nur eine ungute Lösung, um dem Stress zu entgehen: sich krankschreiben lassen! Diese Flucht vor dem unangenehmen Auftritt führt dann zu Scham- und Schuldgefühlen und noch größerem Selbstärger. Ein Teufelskreis!

Bevor wir uns mit der paradoxen Lösung des Lampenfiebers beschäftigen, stellt sich die Frage: Was sind eigentlich die Ursachen des Lampenfiebers?
  1. Die Betroffenen glauben irrigerweise, dass der Vortrag den Stress auslöst. In ihrer Logik ist Folgendes glasklar: Wenn ich den Vortrag nicht halten müsste, dann bräuchte ich keine Angst zu haben.
  2. Die Betroffenen glauben auch, dass die Meinung der Zuhörerschaft ihren Stress auslöst. Ihrer Logik nach klingt das so: Wenn die anderen eine gute Meinung über mich hätten, dann bräuchte ich keine Angst vor deren Ablehnung zu haben.
  3. Deshalb glauben sie auch, dass sie einen perfekten Vortrag abliefern müssen: Wenn ich mich fehlerfrei und makellos präsentiere, dann müssen die anderen eine gute Meinung über mich haben.
  4. Die Betroffenen glauben auch, dass die Körpersymptome ein Zeichen ihrer Schwäche sind und die anderen sie dafür garantiert auslachen oder sogar bestrafen werden: Wenn ich keine verräterischen Körpersymptome hätte, dann könnte ich den Vortrag gefahrlos halten, denn dann würden die anderen mich mögen und sie würden mich für einen starken und kompetenten Menschen halten.
Um die Ursachen des Lampenfiebers zu verstehen, muss man die Denkfehler in den oben aufgeführten Aussagen entdecken.
  1. Der Auftritt bzw. der Vortrag kann nicht der Auslöser des Stresses sein – denn dann müsste jeder Mensch vor einem Auftritt gestresst sein. Wie kann es dann sein, dass manche Menschen geradezu auf jede Bühne drängeln und unbedingt vor anderen sprechen, tanzen oder singen wollen?
  2. Die Meinung der anderen über uns kann auch nicht die Quelle der Ängste sein, denn es gibt unzählige Menschen, die ihre Vorträge oder politischen Reden auch dann halten, wenn sie auf große Ablehnung und manchmal sogar auf Anfeindungen stoßen.
  3. Kleine Fehler und Schwächen im Vortrag bzw. beim Auftritt können auch nicht die Ursache der Ängste sein. Manche Redner*innen oder Sänger*innen trauen sich sogar, öffentlich zu ihren Fehlern und Schwächen zu stehen und lachen manchmal genüsslich selbst über sich.
  4. Körpersymptome können demnach auch nicht die Ursache des Lampenfiebers sein. Manche Musiker*innen schwitzen auf der Bühne in Strömen und sie lassen sich davon überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Wie kann es dann sein, dass manche behaupten, dass ihr Schwitzen sie blockieren würde, wenn es einen anderen offensichtlich nicht blockiert?

Die einfache Antwort auf diese Fragen lautet: Das Lampenfieber wird durch die eigenen (katastrophisierenden) Gedanken ausgelöst und nicht durch die anwesende Zuschauerschaft oder gar die eigenen Körpersymptome. Die Ängste und die Körpersymptome sind die direkte Folge der selbstsabotierenden Gedanken.

Die paradoxe Lösung des Lampenfiebers sieht also folgendermaßen aus: 
  1. Bedingungslose Akzeptanz der Körpersymptome! Da die Körpersymptome außerhalb der bewussten Kontrolle liegen, können wir sie nicht beeinflussen, egal wie sehr wir das auch wollen. Wenn wir uns also nicht noch zusätzlich über die Körpersymptome ärgern wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als sie zu akzeptieren! Und zwar ohne Wenn und Aber!
  2. Die Meinung der anderen Menschen können wir auch nur bedingt beeinflussen! Selbst dann, wenn wir fehlerfrei präsentieren und auch sonst keinen Grund zur Kritik liefern, kann es sein, dass jemandem im Publikum unsere „Nase“ nicht gefällt. Das ist dann traurig, aber sicherlich kein Weltuntergang. Auch hier wäre die Tatsache zu akzeptieren, dass jede*r denken darf, was er denken will – selbst dann, wenn unser Auftritt tadellos war und wir am liebsten von allen Anwesenden gefeiert werden wollten!
  3. Da Fehler selbst durch endloses Wiederholen nicht einhundertprozentig ausgeschlossen werden können, sollten wir auch diese Fehler dann bedingungslos akzeptieren! Selbstverständlich ist es sinnvoll, den eigenen Vortrag oder den Auftritt zu proben und sich gut vorzubereiten – aber eine Garantie für Fehlerfreiheit ist auch selbst das nicht! Sonst würde ein Profi-Fußballer jeden Elfmeter im Tor versenken, denn schließlich übt er jahrelang Elfmeterschießen. By the way: Was übt eigentlich ein Profi-Torwart?
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die eigenen Gedanken das Lampenfieber produzieren und die Betroffenen sich den Stress ausdenken, indem sie sich in alle möglichen Katastrophenszenarien hineinsteigern.

Wer lernen möchte, wie man sich „heraussteigert“ und wie man etwas akzeptieren kann, das man nicht mag, darf sich gerne an uns wenden.

Euer Dr. Daniel Holzinger

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https://dr-holzinger-institut.de