MUSIKTRÄUMER UND GESCHICHTENERZÄHLER
Wer sich in den letzten Jahren in der musikalischen Landschaft Stuttgarts bewegt hat, dürfte dem Namen Valentin Koch bereits begegnet sein. Der 26-jährige, in Künzelsau geboren und aufgewachsen und seit 2016 in Stuttgart lebend, hat als begabter Komponist und Instrumentalist die Szene mit seiner einzigartigen Interpretation instrumentaler Musik bereichert. Seine Klänge, die er wie ein lebendiges Gemälde schichtet, laden den Zuhörer dazu ein, in eine Welt der Vorstellungskraft einzutauchen und eine eigene persönliche Geschichte zu erleben.
Am 09.11.23 spielt Valentin seine EP „Short Stories“ bei einem Release-Konzert im Merlin. Das Event ist Teil der Konzertreihe „Club-72“ vom PopBüro und Merlin.
Wie bist du zur Musik gekommen?
Meine Eltern haben beide Musik studiert und so war diese Welt immer präsent. Zusätzlich wurde ich von meinem Gitarrenlehrer viel unterstützt und habe dann früh entschlossen, Musiker werden zu wollen.
Du bezeichnest dich als Träumer, Optimist und Gitarrenliebhaber. Wie reflektieren diese Aspekte deiner Persönlichkeit sich in deiner Musik?
Das hört man insofern, dass meine Songs sehr viele Gitarren beinhalten, meist eine positive Stimmung haben und sie Raum zum Träumen lassen.
Du wurdest stark von Gitarristen wie Pat Metheny, Bill Frisell und John Mayer beeinflusst. Wie haben diese Musiker deinen eigenen Stil geprägt und was bewunderst du an ihrer Musik?
Mit 15 habe ich unglaublich viel Pat Metheny gehört. Ich hab das Album „The Way Up“ angemacht und bin Kreise in meinem Zimmer gelaufen und hab dazu gesungen. Sein melodiöses Spielen war ein großer Einfluss auf mich. Bill Frisells reduziertes Spielen und John Mayers Songwriting kamen dann einige Jahre später als Einflüsse dazu!
Während deines Aufenthalts in Budapest hast du erwähnt, dass du weiterhin deine eigenen Klänge entwickelt hast. Kannst du uns mehr über diese Erfahrung erzählen und wie sie deine Musik beeinflusst hat?
Ich hab am Ende meiner Zeit in Budapest für vier Monate kaum Gitarre gespielt. Schon gar nicht geübt. Ich war spazieren, ging in Bars und hab Ausflüge ins Umland gemacht. Durch dieses „Pause machen“ habe ich irgendwie ein neues Selbstbewusstsein für mein Spielen bekommen. Ich hab gelernt, dass es völlig ok ist, weniger Töne zu spielen und „einfache“ Songs zu schreiben.
Wie verarbeitest du alltägliche Geräusche und Emotionen in deine Musik?
Das passiert tatsächlich eher unterbewusst. Ich glaube, je nachdem in welcher Stimmung ich mich über eine längere Zeit befinde, kommen auch unterschiedliche Songs bzw. Ideen hervor. Ich setze mir selten das Ziel, einen Song über eine genaue Emotion zu schreiben. Das Ergebnis resultiert dann vielleicht durch die gerade präsenteste Emotion in mir.
Wie beschreibst du das Gefühl von „Zuhause“, das du durch deine Musik zu vermitteln versuchst?
Sich wohl fühlen. Ich will einen Raum schaffen, in dem sich die Zuhörerinnen und Zuhörer in Gedanken verlieren können. Egal welche Gedanken. Fröhlich, traurig, wütend, nachdenklich … so vielfältig wie ein Zuhause eben auch ist.
Du hast dein erstes Album „For Two“ in der Zeit der Corona-Lockdowns veröffentlicht. Wie hat diese Erfahrung die Aufnahme beeinflusst?
Ich hatte oft den Wunsch nach Zweisamkeit. Diesem Thema wollte ich die EP dann widmen. Aber auch die Gemütlichkeit, die in den Lockdowns steckte, wollte ich mit reinbringen. Das passierte automatisch dadurch, dass ich die Songs in meinem Schlafzimmer an von Corona leer gefegten Tagen aufgenommen habe.
In deiner Musik gibt es Elemente der Melancholie und des Selbstvertrauens. Wie schaffst du es, diese scheinbar widersprüchlichen Emotionen in deinen Songs zu verbinden?
Wir alle nehmen Musik unterschiedlich wahr. Für manche klingt ein Song melancholisch, für manche eher ermutigend. Je nach eigener Lebensphase bzw. Stimmung. Deswegen höre ich in meiner und auch anderer Musik oft beide Seiten.
Welche Bedeutung haben Improvisation und Spontanität in deiner Musik?
Ich mag es, wenn Songs klar strukturiert sind und alle wissen, was sie zu tun haben. Noch mehr mag ich es, wenn trotzdem aber eine gewisse Flexibilität beibehalten wird, gewisse Parts variabel sind, das ein oder andere improvisierte Solo gespielt wird und die Band fähig ist, spontan aufeinander zu reagieren.
Was inspiriert dich beim Schreiben neuer Songs und gibt es ein bestimmtes Ritual oder eine bestimmte Umgebung, die deine Kreativität fördert?
Da meine Songs ohne Text sind, werde ich weniger von einem Thema inspiriert, als dass ich irgendwo spontan eine Idee an der Gitarre habe, die dann schnell ins Handy aufnehme und zuhause dann in Ruhe zu einem Song bastle.
Du sprichst von der „Kraft der wenigen Töne“ – wie schaffst du es, mit minimalen Tönen maximale Wirkung zu erzielen?
Mein Bassist hat zu mir im Studio gesagt, dass es immer so klingt, als würde ich etwas erzählen, wenn ich Gitarre spiele. Das hat mich sehr geehrt und ist auch schon immer ein großes Ziel von mir. Mir wurde immer gesagt, ich soll bereits einen einzelnen Ton wichtig nehmen und unnötige Töne weglassen. So wie wir es beim Sprechen auch machen (sollten). Das gelingt mir natürlich bei weitem nicht immer.
Was bedeutet es für dich, Geschichten zu erzählen, die die Hörerinnen und Hörer selbst vollenden können?
Mir ist es wichtig, nichts bzw. nicht zu viel vorzugeben, also habe ich alles erreicht, wenn es mir gelingt, dass in den Köpfen der Hörerinnen und Hörer eine Geschichte entsteht, ohne dass ich sie vorgebe. Das ist vielleicht die Stärke instrumentaler Musik.
Welche Bedeutung hat der Ort Stuttgart für deine Musik und deine Inspiration?
Weniger der Ort an sich, als die Menschen hier. Hier habe ich meine Leute, auf die ich mich verlassen kann. Privat und beruflich. Ohne die geht natürlich nichts.
Wo hältst du dich gerne in Stuttgart auf? Hast du eine Lieblingshood?
Abends gehe ich gerne in die Innenstadt. Ich mag den Trubel und die vielen Leute! Wo genau variiert aber immer wieder. Ein möglicher Tag wäre nachmittags im Fietsen ein bisschen Arbeiten, dann der vegane Dönerteller im Seyid und ab ins Ribi.
Hast du ein paar Geheimtipps für uns? Lieblingscafé/-restaurant/-bar/-club?
Café Ché, Ribi, Fietsen, Mata Hari und die Trude. Aber kennt ihr wahrscheinlich alle schon… Die Treppe über dem Schwabtunnel ist übrigens super für ein Bier mit Stadtblick.
Wenn nicht Stuttgart, dann?
Budapest oder New York. Ja, ich weiß…klingt wie der Wunsch eines Zwölfjährigen. War es auch, hat sich aber gehalten.
Kannst du uns einen Einblick in das geben, was die Fans von deinem Release-Konzert im Rahmen der Konzertreihe „Club-72“ vom PopBüro und dem Merlin erwarten können?
Kann ich tatsächlich nicht. Ich möchte keine konkreten Erwartungen vorgeben. Ich habe mir aber mit der Band und Leuten in meinem Umfeld etwas vorgenommen. Alle die vorbeikommen, dürfen gespannt sein, selbst eintauchen und schauen, wohin die Musik sie bringt.
Wie hast du die „Short Stories“ in deiner neuen EP konzipiert und welche Art von Geschichten möchtest du damit erzählen?
„Short Stories“ ist mehr ein Anreiz dafür, dass Zuhörerinnen und Zuhörer sich mit der Musik selbst in ihre Geschichte hineinfallen lassen können. Mittlerweile habe ich beim Hören natürlich selbst Bilder entwickelt. Wirklich geschrieben werden die Geschichten dann aber in den Köpfen von uns allen.
Wie bereitest du dich auf dieses spezielle Konzert vor?
Vor allem gibt es viel Organisatorisches zu tun. Die Werbung vorbereiten, Merch überlegen und gestalten, das Programm fertig erstellen und und… üben sollte ich die Songs am Ende dann schon auch nochmal.
Gibt es spezielle Überraschungen oder Besonderheiten, die du bei diesem Konzert planst?
Da lass ich mich selbst noch überraschen! Ich mache das auch nicht komplett alleine und Ideen sind schon einige da. Es soll ein besonderer Abend werden, so viel steht fest. Wo das genau hinführt, weiß ich selbst noch nicht. Da bin ich selbst gespannt!