DO LET THE DOGS OUT: ALS HUNDEBESITZER IN STUGGI

Sie sind megalustig, ziemlich clever und unheimlich menschbezogen. Sie warten immer auf einen und sind so treu, wie man es sich eigentlich für einen menschlichen Partner wünscht.

Zweifelsfrei, Hunde sind so ziemlich die Haustier-Königsklasse, wenn man als Maßstab „treuer Begleiter für alle Lebenslagen“ ansetzt. Aber Wauwaus haben bekanntlich auch Nachteile. Und ob die in einem urbanen 20-Something-Leben schwerer wiegen als die Vorteile, lest ihr auf den folgenden Zeilen.

Treuebonus ohne Rabattmarken

Gleich der Aufmacher ist ein ziemliches Statement pro Doge, wie es im Meme-Sprech lauten würde. Denn Canis lupus familiaris, bei nicht Latinum-bewehrten Lesern auch als Haushund bekannt, ist von sämtlichen Haustieren das, welches wohl am längsten dazugehört. Manche Forscher sprechen davon, dass schon vor 100.000 Jahren die ersten Hunde ihren frühmenschlichen Herrchen folgten.

Allerdings ist die vielbeschworene Hundetreue ganz nüchtern betrachtet erst einmal eines: Das Ansehen des Menschen als Alpha-Tier eines Hundes. Das bedeutet, man muss erst einmal zeigen, dass man der Boss ist. Und weil jeder Hund seinen eigenen Kopf hat, kann das etwas dauern. Einfacher wird es, wenn man das Tier als Welpe bekommt, denn dann wächst man automatisch zum Leithund heran. Konträr dazu kann es natürlich bei Doggos aus dem Tierheim, die bereits einen Besitzer hatten, länger dauern, bis man durchgedrungen ist.

Aber, sobald diese Hürde überwältigt ist, gibt es keine katzenhaften Launenschwankungen mehr, kein „ich komm nur dann zu dir, wenn ich Bock hab“. Der Hund bleibt an deiner Seite, komme was wolle.

Fremdgehen gibt’s nicht

Diese Treue kann allerdings auch zum Problem werden. Dann, wenn man als Stuttgarter Single auch nur einen halbwegs geregelten Tagesablauf haben möchte. Man kann es drehen und wenden wie man will, aber Hunde können nur wenige Stunden täglich alleine sein und ganz sicher keinen acht- bis neunstündigen Arbeitstag, der durchs Pendeln eher auf eine zehnstündige Abwesenheitsphase ausgedehnt wird. Natürlich gibt es in der Stadt genügend Leute, die mit Hundebetreuung ihr Geld verdienen, im Sinn einer guten Mensch-Hund-Beziehung ist das allerdings nicht. Denn wie soll einen der Hund als Leittier akzeptieren, wenn er den Großteil des Tages mit jemand anderem verbringt?

Nein, wer einen Hund haben will, sollte sein Leben so einrichten, dass der Hund den ganzen Tag lang dazugehört. Glück für alle, die im Büro ihr Geld verdienen. Denn obgleich der Arbeitgeber zwar gesetzlich nicht verpflichtet ist, einen Bürohund zu akzeptieren, gibt es einige schlagkräftige Argumente, die ihn zumindest für eine Testphase positiv stimmen können.

Doch sollte man solche Faktoren vor der Anschaffung eines Hundes mit dem Chef abchecken, sonst kann der ganze Plan nach hinten losgehen.

Frag den Vermieter

Der damals so vielkritisierte Zensus 2011 brachte einen statistisch belastbaren Wert ans Licht. In Stuttgart wohnt ein erheblich überwiegender Teil aller Menschen zur Miete. Und wo man nicht in den eigenen vier Wänden wohnt, gibt es immer einen, den man um Erlaubnis für den Hund bitten muss, den Vermieter.

Nun sieht die Gesetzeslage seit 2013 zwar so aus, dass dieser die Hundehaltung nicht gänzlich verbieten kann, er hat aber immer noch Klauseln-Optionen wie:

  • „Der Vermieter muss der Haltung von Haustieren zustimmen“
  • „Einer Hundehaltung muss vom Vermieter zugestimmt werden“
  • „Dem Vermieter steht es frei, die Hundehaltung nachträglich wegen erwiesener Unzumutbarkeit zu untersagen“ (also wenn der Hund pausenlos bellt oder aggressiv ist)

Es führt also vor der Anschaffung kein Weg daran vorbei, erst einen Blick in den Mietvertrag zu werfen und sich dann mit dem Vermieter zusammenzusetzen. Wie gesagt, gänzlich verbieten darf er es nicht, aber es ist sein Recht, zumindest der Haltung zuzustimmen. Außerdem kann man so vielleicht gemeinsam auch eine Rasse finden, die für beide Parteien und die Wohnungsgröße passt.

Papa Staat, vertreten durch Landes- und Stadtregierung

Dass der Hund des Menschen bester Freund ist, sieht man an einer weiteren Tatsache. Für praktisch kein anderes Haustier existieren so viele Gesetze und Regularien wie für Hunde. Das sind zum Beispiel:

  • Steuerpflichten
  • Leinenpflichten
  • Rasselisten
  • Hundehaftpflichtversicherung (nur unter besonderen Umständen)

Um das einmal für Stuttgart bzw. Baden-Württemberg genauer auszurollen:

Die Hundesteuer gilt in Stuggi für jeden Hund. Und zwar kostet der erste Hund derzeit 108 Euro pro Jahr. Für jedes weitere Tier werden happige 216 Euro fällig. Sollte es sich um einen, der Liste nach „gefährlichen Hund“ handeln, erhöht sich die Steuer gar auf 612 Euro. Für diese Tiere gilt zudem auch eine bedingungslose Leinen- und Maulkorbpflicht in der Öffentlichkeit.

Die Leinenpflicht ist leider weniger universell geregelt. Im Stuttgarter Stadtgebiet, so besagt die Polizeiverordnung, muss auf allen öffentlichen Straßen und Wegen die Leine angelegt werden; das gilt auch für alle Grünanlagen. Wo viele Menschen unterwegs sind, gibt das Gesetz auch eine Leinenlänge von maximal 150 cm vor. Im Umland sieht es jedoch schon wieder ganz anders aus. Da greift nämlich Landesrecht. Und in Baden-Württemberg sieht es so aus, dass es keinen generellen Leinenzwang gibt – anders als beispielsweise in Brandenburg, NRW oder Thüringen. Aber: Während der sogenannten „Brut und Setzzeit“ vom 1.4. bis 15.7. muss auch außerhalb der Stadtgrenze die Leine getragen werden.

Die Rasselisten und Hundehaftpflichtversicherung gehen Hand in Hand. Dabei ist es unerheblich, ob es sich tatsächlich um einen „Kampfhund“ handelt oder nicht. Sobald ein Hund auffällig aggressiv ist, kann der Besitzer dazu verdonnert werden, eine Hundehaftpflichtversicherung abzuschließen, wenngleich es in BaWü keinen generellen Zwang gibt.

Das alles schränkt einen natürlich nicht nur bei der Hundewahl (etwas) ein, sondern erfordert auch, dass man gewisse Rücklagen bildet, sofern man nicht gerade einen Yorkshire-Terrier oder einen ähnlichen Kleinsthund anschaffen möchte.

Harte Dogs in der City

Ein weiterer gewichtiger Faktor ist die urbane Verdichtung Stuttgarts, selbst wenn es hier noch wesentlich besser aussieht, als in anderen Großstädten. Ganz nüchtern betrachtet sind Hunde eigentlich nicht für das Stadtleben gemacht:

  • Der Verkehrslärm schadet den empfindlichen Ohren
  • Die Wahrscheinlichkeit ist höher, auf Hundehasser zu treffen
  • Die Menschenmassen können purer Stress für das Tier sein
  • Das wenige Grün ist eigentlich zu wenig für ein glückliches Hundeleben

Nun wurden diese vier Punkte jedoch mit dem Wörtchen „eigentlich“ eingeleitet. Eigentlich ist die Stadt kein guter Ort für Hunde. Jedoch sind Hunde auch eine Tierart, die sich wie kaum eine zweite anpassen kann. Und zudem lassen sie sich sehr gut erziehen. Allerdings bedeutet das, dass man gerade in der Anfangszeit Nerven und Durchsetzungsvermögen zeigen muss. Wenn der Hund täglich mit der S-Bahn mitfahren muss, dann muss er das von klein auf beigebracht bekommen und gewöhnt sich so an die vielen Menschen und die lauten Geräusche.

Dennoch, wer einen Hund hat, sollte die zwangsweise dünnen täglichen Spaziergänge regelmäßig, am besten jedes Wochenende, durch Trips ins grüne Umland ergänzen, wo Mensch und Tier sich gleichermaßen ein paar Stunden erholen und toben können. Dann macht das Stadtleben dem Vierbeiner sehr viel weniger aus, als wenn er 24/7/365 dort zubringen muss.

Kompromisslos is nich

Freitagabend, 21:15, man liegt auf der Couch. Das Handy piepst, die Kumpels laden zum Bier ein. Katzenbesitzer greifen sich dann Jacke und Geldbörse und ab geht’s solange wie es Spaß macht, notfalls all night long. Für alle Hundebesitzer in Spe sollte jedoch klar sein, dass diese Zeiten zwar nicht vorbei sind, aber kräftig eingeschränkt werden.

Es beginnt erneut damit, dass Hunde nicht grenzenlos lang allein gelassen werden können. Einfach weil ihre Treue sie dann jedes Mal aufs Neue befürchten lässt, dass ihr Leitwolf sie im Stich gelassen hätte. Zwei Stunden sind in Ordnung, hat man mehr als einen Doggo, gehen auch vier. Dann aber muss der Bierabend beendet sein.

Wer hingegen ein „echter“ Hundehalter mit Leib und Seele ist, schnappt sich Jacke, Geldbörse und Leine und nimmt den Wauwau einfach mit. In Privatwohnungen ist das kein Problem, denn Hundebesuche müssen vom Vermieter akzeptiert werden. Was aber beim Kneipen- oder Clubgang schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass es in ganz Stuttgart gerade einmal zwei Restaurants gibt, die Hunde explizit erlauben. Bei allen anderen der 178 Clubs, unzähligen Kneipen und sonstigen Locations wird es am Eingang schwierig werden, wenn man seinen vierbeinigen Kumpel am Türsteher vorbeischmuggeln will.

Planung ist ein Muss

Das Hundehalterleben in Stuggi ist also etwas holperiger Natur. Aber der Artikel einer jungen Studentin an der Uni bringt es auf den Punkt: Alles ist machbar, solange man nur lernt, weit besser vorzuplanen, als man es gewohnt ist. Im Klartext bedeutet das, dass man den Hund an seiner Seite teilweise wie ein Kleinkind sehen muss – und sich selbst als alleinerziehenden Elternteil.

Natürlich geht einem darüber viel Spontanität flöten, aber die ersten Monate sind die schwierigsten. Danach hat man den Bogen raus und weiß, was man wann wo wie mit oder ohne den Hund anstellen kann, ohne dass es für Mensch und Tier eine Qual wird.

Fazit

Wer sich einen Hund anschafft, der erwirbt mehr als „irgendein“ Haustier. Der erwirbt einen echten Freund, der sehr viel mehr ist, als ein bloßer Mitbewohner, den man nur regelmäßig füttern muss. Ein Hund ist das Versprechen, für viele Jahre lang der absolute Fixpunkt in einem Menschenleben zu

sein. Das ist eine große Verantwortung, die man nicht aus Trenddenken heraus auf die leichte Schulter nehmen sollte. Wer das aber schafft, der kann auch und besonders in Stuttgart mit einem Hund glücklich werden. Er muss eben nur bedenken, dass diese Form der Tierhaltung sehr viel zeit-, arbeits- und planungsintensiver ist als jedes andere Tier. Wer hier auch die geringsten Zweifel hat, sollte sich nach einem anderen tierischen Kameraden umsehen. Es gibt schon genug traurige Hunde.