SICKLESS

HIP-HOP STRAIGHT OUTTA KESSEL

Sickless kommt ursprünglich aus Aalen und heißt mit bürgerlichem Namen Alexander Föll. In der Hip-Hop-Szene ist er kein Unbekannter: Seit 2014 ist er Chef des Labels wirscheissengold, hat mehrere Alben auf dem Markt und trat schon auf etlichen Bühnen und im Vorprogramm bekannter Hip-Hop-Künstler auf.

Letztes Jahr gründete er sein Instrumental-Beat-Label Block Opera, mit dem er Producern und Beatmakern eine Plattform bietet und so Gehör verschafft. Ein Rapper mit Ambitionen, sowohl auf der Bühne als auch im Unter- und Hintergrund.

Neben dem Management seiner beiden Labels und Vorträgen als Gastreferent an der HDM findet er trotzdem Zeit, an seiner Rap-Karriere zu basteln. Bereits mit 13 Jahren schrieb er seine ersten Rap-Texte, hörte sich im Deutschrap rauf und runter, saugte alle Wie-Vergleiche und Doppelreime auf – von Blumentop über Aggro Berlin, Afrob, Creutzfeld & Jakob, Azad, K.I.Z. bis hin zu Dynamite Deluxe und vielen mehr. 17 Jahre später läutet der 30-Jährige mit seiner neuen Single „Angst“ sein bislang größtes Werk ein: gewohnt pathetisch, brachial, druckvoll. Mit uns spricht der Wahl-Berliner über seine Liebe zu Stuttgart, seine musikalische Entwicklung und seine persönlichen Ängste. 

„Denn wir haben Angst, das ist gesund. Aber viele haben Angst ohne Grund. Manche führen Angst Gassi wie ein Hund. Und andere wiederum bringt der Scheiß um.“ 


Diese Zeilen stammen aus deiner neuen Single „Angst“. Was ist die Message hinter diesen Worten? 

Den Begriff Angst zu definieren finde ich gar nicht so leicht. Wo fangen Ängste an, wo hören sie auf? Sind sie rational – und wer kann das überhaupt beurteilen? Ich selbst bin ein sehr euphorischer Mensch, neige aber auch zu Melancholie und unnötigem Kopfzerbrechen. Da können sich Gedankenwelten aufbauen, die man eigentlich gar nicht haben möchte. So geht es wohl jeder Person, die eine gewisse Angst mit sich trägt. Ich bin nicht der Typ, der mit erhobenem Zeigefinger umherläuft, sondern eher versucht, die eigenen Erkenntnisse in Metaphern umzuwandeln. In diesem Song verarbeite ich hauptsächlich eigene Erfahrungen und versuche, diese dann in eine gemeinschaftliche Sprache zu übersetzen. 

Was ist deine größte Angst?

Ich habe viele Ängste – z.B. vorm Versagen oder auch Höhenangst. Dazu kommen wiederkehrende Verlustängste, die einen zermürben und beeinflussen können. Angst vor der Einsamkeit, nicht nur physisch, sondern auch seelisch. Allerdings würde ich behaupten, mit allen Ängsten mittlerweile gut umgehen zu können und mir dessen bewusst zu sein.

Ist so ein Album wie eine Art Therapie zu sehen? Genauer gesagt: Verarbeitest du damit auch gewisse Probleme und Sorgen? 

Ich schreibe zumeist sehr intuitiv und tue mir nach wie vor etwas schwer, Songideen und Themen analytisch anzugehen. Ich suche mir Themen nicht bewusst aus, oftmals entsteht die übergeordnete Idee beim Prozess des Schreibens. Meine eigentliche Reflexion der eigenen Musik geschieht so gesehen erst nach der Veröffentlichung – wenn andere Menschen sich damit beschäftigen. 

Apropos, wo und wie entstehen deine Lyrics?

Lose Ideen habe ich eigentlich immer und überall, meistens allerdings – und das war schon immer so – nachts. Ich liebe die Ruhe und Stille, wenn das Handy nicht klingelt. Tagsüber könnte ich niemals im Studio sein oder mich kreativ ausleben, dazu steckt mein Kopf zu sehr in den To-Do-Listen des Tages.

Inwiefern entwickelst du dich mit jedem Album musikalisch und textlich weiter? 

Für mich ist die größte Kunst beim Songwriting, mit wenigen Worten so viel Inhalt und Emotionen wie möglich zu vermitteln. Ich finde, da hatte ich zuletzt noch ein wenig Nachholbedarf. Meine letzte EP „BETA“ empfand ich außerdem als zu zusammengewürfelt. Das nächste Album wird runder und stimmiger. 

Hand aufs Herz … Musik, die für dich immer geht:

Beats, instrumentelle Musik im Allgemeinen. Ab einer gewissen Uhrzeit möchte ich keine Vocals mehr hören – das hängt vermutlich mit den vielen täglichen Telefonaten zusammen. 

Musik, die gar nicht geht:

Mich kriegen keine zehn Pferde in ein Wasen-Zelt mit der dazugehörigen Musik. Lieber laufe ich barfuß durch Lava. Und nein, die Musik wird nicht besser mit steigendem Pegel, die Leute schon gar nicht. 

Dein geilster Live-Auftritt, an den du dich gerne zurückerinnerst?

Puh, da gibt es so einige: Freundeskreis-Support als Sparrings-Partner von Marz im Schloss Ludwigsburg war eine irre Erfahrung. Oder unser Opener-Slot beim Hip-Hop Open 2014 bzw. die darauffolgende Moderation 2015. Die ersten Lakmann-/Witten-WSG-Aufeinandertreffen im Stereo, danach die Abrisse im Kupfi. Tapefabrik 2019 mit „Bring Ihn Ran“. Viele familiäre Tourshows, auch wenn es nur zwei kleine Rutschen in den letzten Jahren waren.

Auf nach Stuttgart: Was ist dein Geheimtipp im Kessel? 

Sichuan, ein Restaurant in der Bebelstraße für authentisches China-Food, Fruchttick in der Olgastraße für frische Bowls und Salate, Chema am Ostendplatz für den besten Döner & Grill, L.A. Signorina am Marienplatz für meterweise Pizza-Himmel. Essen ist mein Ding.

Wo trifft man dich am ehesten in Stuttgart an?

Triff mich am Feuersee, am Marienplatz, mit Jan (Wirschneidengold) und Yoshbert beim Gassi gehen am Ostendplatz, beim Vadder im Stutt I/O Tonstudio oder bei meiner Schwester und meinem Schwager im Gold & Silver Tattoo Studio in Schwäbisch Gmünd. Außerdem: im Süßholz, in der Schräglage, im Kupfi oder im 1. Stock. 

Wo gehst du hin, wenn du richtig abschalten möchtest?

Egal, wie gestresst ich bin – wenn ich auf dem Fußballplatz stehe, fällt jegliche Last von mir ab und ich laufe aus der Kabine wie neugeboren. Ich habe quasi mein ganzes Leben lang schon gekickt und vermisse diesen Ausgleich enorm, wenn ich nicht aktiv bin. Ansonsten laden die Akkus am schnellsten in der schwäbischen Heimat Oberkochen und mit meiner Freundin. 

Und wenn es mal ein guter Film sein darf, wäre das welcher?

Meine Lieblingsfilme sind: Oldboy, La Haine, Fight Club, Trainspotting, Clockwerk Orange, Sieben, Night on Earth und bestimmt noch einige mehr. Im Seriengame bin ich eigentlich gar nicht, liebe allerdings dystopische & futuristische Geschichten wie Black Mirror oder Electric Dreams. Und ich liebe Adventure Time & Family Guy, das geht eigentlich immer. 

Zu guter Letzt: Hast du Pläne für die Zukunft?

Nach dem bisherigen Verlauf in 2020 schockt mich eigentlich gar nichts mehr. Wenn ich meinen beruflichen und privaten Weg weiterhin unbeschadet gehen darf, dann wäre das ein voller Erfolg. 

Wir freuen uns jetzt schon auf das neue Album und die zugehörige Tour im nächsten Jahr und halten euch natürlich auf dem Laufenden!

MEHR INFOS:
https://instagram.com/sickbwoi