DIE JUNGS DER GALERIE KERNWEINE

Kaffe, Kunst und Kernweine: Dort, wo durch Keltern im Keller einst leckere Weine hergestellt wurden, ist heute eine Galerie für Foto und Raum.

Hier finden junge Künstler ein Zuhause für ihre Fotografien und interessierte Stuttgarter einen Ort für große und kleine Dialoge. Das Café beziehungsweise die Bar im Hinterhof und ein Shop mit Büchern, Magazinen und limitierten Foto-Editionen sorgen für Kaffee, Vino und zusätzlichen Gesprächs- und Lesestoff.

Betritt man den Hinterhof des alten Kern-Wein-Gebäudes, Ecke Tübinger/Cotta-Straße, spürt man zugleich den urbanen Charme, den man sonst eher von Berlin gewohnt ist. Schaut man genauer hin, fällt einem der schwarze Punkt auf, der den Weg zu einem lebendigen Ort voller Kunst und Kommunikation zeigt. Er steht symbolisch für ein Galerie-Konzept, das sich die Brüder Dennis und Mick Orel sowie Oliver Kröning ausgedacht haben und ziert Hauswand, Postkarten, Plakate und die Website. Als Kommunikationsprofis wissen sie, wie der Hase läuft – und wie man Kaffee, Kunst und Schwaben zusammenbringt. Das ist nämlich gar nicht so einfach, ist Kunst doch weder praktisch, bodenständig noch greifbar.

Wie kommt man überhaupt auf die Idee, eine Café-Bar mit einem Shop mit einer modernen Kunstgalerie in einer ehemaligen Weinhandlung zu verbinden? Ob utopische Idee oder künstlerische Freiheit – die drei Jungs beweisen, dass Stuttgarts Kunst- und Kreativ-Szene floriert. Wir haben mit dem Kreativ-Trio gesprochen.

Wer steht eigentlich hinter der Galerie Kernweine?

Wir sind Dennis und Mick Orel, zwei Brüder, und schon lange mit Oliver Kröning, befreundet. Geboren in Stuttgart sind wir nach verschiedenen Stationen in Berlin sowie im Ausland wieder in die Heimat zurückgekehrt und arbeiten alle drei im Bereich der visuellen Medien – als Fotografen, Filmschaffende, Kunstdozenten, Künstler. Zusammen leiten wir zudem eine Agentur für Kommunikation: Das Studio Orel. Oli ist seit 2014 dabei. Dort setzen wir auch kommerzielle Projekte um. Die Miete muss ja schließlich auch bezahlt werden.

Wie entstand die Idee?

Wir haben viel mit Verlagen zusammengearbeitet und verschiedene Bücher und Bildbände veröffentlicht. Irgendwann hatten wir den Impuls, die entstandenen Werke auszustellen. So kam es zur Idee, eine eigene Galerie zu eröffnen. Von der Location-Suche bis zur Eröffnung Ende 2017 hat es dann weitere 1,5 Jahre und viel Arbeit gekostet.

Apropos, Arbeit: Wie funktioniert ihr als Team?

Unsere Kompetenzen sind klar verteilt: Mick macht die Akquise, während Oli sich um Visuelles und die Fotografie kümmert. Dennis ist für die Konzeption zuständig. Wir sind uns zwar sehr ähnlich, aber dennoch unterschiedlich bzw. homogen.

Was ist eurer Meinung nach das Geheimrezept für eure Zusammenarbeit?

Unser Geheimrezept (auch für Beziehungen anwendbar): Tolerant und respektvoll bleiben, sein eigenes Ego auch mal zurückstellen und entspannt an neue Projekte herangehen.

Wie wurde Euer Konzept aus Café-Bar, Shop und Galerie angenommen?

Überraschend gut! Klar, es gibt auch mal Unverständnis, was manche Ausstellungen betrifft, aber größtenteils ist das Feedback super. Wenn Leute fragen: „Warum?“, verweisen wir auf unser Galerie-Kernweine-Magazin:

„GK_001 But Why?“

Jetzt sind wir neugierig: Was hat es mit diesem Magazin auf sich?

In dem Magazin lassen wir das erste Jahr Revue passieren und spielen die Frage, warum es unsere Galerie gibt, an unsere Künstler*innen zurück. Herausgekommen ist eine Art Tagebuch voll mit Werken, Begegnungen und Momenten. Damit möchten wir natürlich auch provozieren und auffallen.

Was mögt ihr besonders an Stuttgart? Was würdet ihr euch noch wünschen?

Auch wenn wir vielleicht keine typischen Lokalpatrioten sind: Stuttgart vermittelt ein schönes Gefühl von Heimat. Manchmal muss man etwas länger suchen, um versteckte Ecken zu entdecken. Aber man kann hier viel bewegen! Leider zieht man oft Vergleiche zu Berlin und anderen Städten, anstatt selbst mal Vorreiter zu sein. Dazu fehlt manchmal der Mut im Schwabenland. An der Stelle würden wir uns mehr Initiative wünschen, die Stadt zu gestalten und selbst aktiv zu werden.

An welchen Orten trifft man euch im Sommer am liebsten im Kessel an? Geheimtipps?

Manchmal haben wir ein schlechtes Gewissen, woanders ein Bierchen trinken zu gehen (lachen). Aber wir sind tatsächlich am liebsten am Marienplatz. Oli wohnt hier um die Ecke. Das Lehenviertel ist auch eine schöne Gegend mit vielen Gaststätten. Uns trifft man auch auf Flohmärkten an. Unser Geheimtipp: Die beste Falafel der Stadt gibt es in der Urbanstraße 61. Ein nettes Ehepaar führt dort einen kleinen, arabischen Laden.

Was sind eure Lieblings-Urlaubs-Ziele, Lieblings-Streaming-Serie und das letzte Buch, das ihr gelesen habt?

Dennis: Wenn ich mal raus aus dem Kessel will, dann besuche ich gerne Freunde in Beirut. 
Mick: Ich bin am liebsten im Allgäu unterwegs. Was Serien angeht, schauen wir alle gerne Dokus aller Art an. 
Oli: Das letzte Buch, das ich gelesen habe, war Panikherz von Benjamin Stuckrad-Barre. Hat mir gut gefallen!

Was steht in den nächsten Monaten noch an? Welche Ausstellungen und Events erwarten uns?

Aktuell haben wir die Galerie in einen Ort verwandelt, an dem wir vor allem jungen Wählern einen Zugang zur europäischen Idee ermöglichen wollen. Es werden Themen wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Frieden und humanes Asyl aufbereitet und diskutiert. Weitere Ausstellungen in 2019 sollen vor allem provozieren und den Nerv der Zeit treffen. Außerdem planen wir im Juli wieder unser Sommerfest – kommt vorbei!

“Da sagen wir nicht Nein!”

MEHR INFOS:
www.galerie-kernweine.com