GLÜCKLICHE BEZIEHUNG

WAS PAARE STARK MACHT

Was führt dazu, dass manche Paare lange zusammenbleiben – und dabei auch noch glücklich sind? Was schützt sie gegen das Auf und Ab des Alltags und ihre eigenen menschlichen Schwächen?

Oder anders gefragt: Was ist der Grund, dass andere Pärchen sich nach kurzer Zeit wieder trennen oder sich in ihren Langzeitbeziehungen gegenseitig angiften?

Gibt’s da was von Ratiopharm?

Es liegt wohl in der Natur des Menschen, nach einem „Kochrezept“ zu fragen, wie eine gute Beziehung langfristig gelingen könnte, oder neudeutsch gesagt, nach ein paar Tools zu suchen, mit denen man an der verkorksten Beziehung, wie ein*e Heimwerker*in, herumbasteln kann.

Aber wie man leicht erkennen kann, gibt es kein solches Patentrezept, das zu einer glücklichen Beziehung führt. Und auch die allermeisten Werkzeuge, mit denen man an seiner Beziehung herumdoktern kann, führen in den seltensten Fällen zum erwünschten Ergebnis – im Gegenteil: Wenn man anfängt, mit dem Beziehungs-Hammer am Partner oder an der Partnerin herumzuklopfen, eskalieren die Probleme meist.

Die gleiche Augenfarbe oder die Anzahl der gemeinsamen Hobbys sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht des Rätsels Lösung. Sind es das Geld, der Sex, die Liebe, die Kinder – was bringt Paare dazu, zusammenzubleiben?

Das Geheimnis liegt im Kopf

Aus meiner Sicht gibt es nur eine Sache, die Paare aneinanderbindet – oder sie endgültig auseinandertreibt: Es sind ihre Gedanken! Jetzt höre ich den Aufschrei meiner Leserschaft: „Was? Die Gedanken sollen es sein? Es ist doch die Liebe! Es sind die Hormone! Die Gemeinsamkeiten?“

Ja, zugegeben, es sind meist die Hormone (und das daraus resultierende Verliebtsein), die Menschen zusammenbringen und anfangs aneinanderbinden. Hormonspezialist*innen sagen uns aber, dass bei dem Großteil der Paare die „Verliebtsein-Hormone“ nach ca. drei Monaten verflogen sind und im Anschluss daran der Beziehungsalltag beginnt.

Wenn man sich dann, wenn die hormonell begründete Glückseligkeit verschwunden ist, nichts zu sagen hat, und wenn man sich, sprichwörtlich gesagt, in den Gedanken des*r anderen nicht wiederfindet, ist häufig Schluss.

Eine Beziehung ohne hormonelles Verliebtsein – schrecklich?

Was kann man dann tun, wenn man auch ohne hormonellen Höhenflug lange zusammenbleiben will? Mit welchen Gedanken müsste man das hormonelle Verliebtsein ersetzen? Gibt es eine gesunde Art, über sich selbst, den*die andere*n und das Leben zu denken? Die Fähigkeit, den*die andere*n bedingungslos zu akzeptieren, ist die Grundvoraussetzung für eine erfüllte Langzeitbeziehung.

Bedingungslose Akzeptanz – das ist doch idealistischer Nonsens

Dabei muss man allerdings zuerst verstehen, was bedingungslos bedeutet. Eine bedingungslose Beziehung ist das Gegenteil einer bedingten Beziehung. Beispielsweise sind Geschäftsbeziehungen immer bedingte Beziehungen: Nur wenn du etwas leistest, dann bekommst du Geld. Nur wenn die Ware geliefert wird, werden die Rechnungen beglichen.

Im täglichen Leben findet man praktisch keine unbedingten bzw. bedingungslosen Beziehungen. Überall werden Bedingungen gestellt: Wenn du in die Hose machst, kannst du nicht in den Kindergarten. Wenn du keine guten Noten hast, wirst du nicht versetzt. Wenn du keinen Führerschein hast, dann darfst du nicht Auto fahren.

In einer bedingten Beziehung stellen wir dem*r anderen also eine Bedingung, unter der wir bereit sind, ihn*sie zu lieben. „Wenn du bist, wie ich will, dann liebe ich dich.“ Natürlich entstehen die Probleme dann, wenn das Gegenüber nicht bereit ist, die gestellten Bedingungen zu erfüllen. Daraus resultierend muss man ihn*sie der Logik nach bestrafen, bedrohen oder erpressen: „Wenn du nicht tust, was ich will, dann verlasse/schlage/ignoriere ich dich.“ 

Jetzt fehlt noch das Verständnis des Begriffs Akzeptanz. Akzeptanz kommt vom lateinischen Wort accipere und das bedeutet: jemanden oder etwas annehmen, zulassen oder erlauben.

Wörtlich übersetzt meint bedingungslose Akzeptanz also, jemanden so anzunehmen, wie er*sie ist – ohne Bedingungen an ihn*sie zu stellen. „Ich nehme dich so, wie du bist, auch wenn mir manche Dinge an dir nicht gefallen oder mich etwas stört. Ich lasse dich so sein, wie du bist, ohne an dir herumzunörgeln und dich zu bedrohen!“

Ich will so bleiben, wie ich bin – du darfst!

Gerade das wollen die meisten Menschen in einer Beziehung finden: vom Gegenüber so angenommen zu werden, wie man ist, ohne sich verstellen oder anpassen zu müssen. Leider ist dieses Glück, in einer unbedingten Beziehung zu leben, fast niemandem vergönnt.

Sogar Eltern erpressen ihre Kinder „Nur wenn du gut in der Schule bist, mögen wir dich!“ und umgekehrt machen es die Kinder nicht besser. Sie sagen ihren Eltern „Nur wenn ihr mir gebt, was ich will, dann seid ihr gute Eltern!“

Diese Art des Denkens, Bedingungen an andere zu stellen, greift die Partnerbeziehung auf Dauer an und zerstört das Vertrauen ineinander.

Was die Beziehung schützt, ist die echte Auseinandersetzung mit den eigenen Gedanken: Welche Bedingungen stelle ich an meine Mitmenschen, an meine*n Partner*in, an meine Kinder? Sind diese Bedingungen gerechtfertigt und im Kern erfüllbar oder erpresse ich meine Mitmenschen durch die Forderungen, die ich an sie stelle?

Wer aufhört, an seine Nächsten (unerfüllbare) Bedingungen zu stellen, braucht keine „Hormone“ als Basis des Zusammenlebens. So sein zu dürfen, wie man ist, ist das Paradies auf Erden – es gibt nichts Schöneres, als von einem anderen Menschen bedingungslos akzeptiert zu werden.