„Im Techno gibt es auch Live-Acts“
Stuttgart, dein Herz schlägt nicht nur für die Automobilbranche, sondern auch im Takt der Musik. Von Klassik und Oper über Jazz und Rock bis hin zu Pop, Hip-Hop, Techno und Trance hat unsere Stadt so einiges zu bieten. In dieser schillernden Welt der Musik begeistern immer wieder kreative Köpfe mit ihrem Talent, und das alles „made in Stuttgart“. Damit bereichern sie nicht nur unser musikalisches Leben, sondern bringen auch den Kessel zum Pulsieren.
Ein Künstler, der uns mit einzigartigen Performances zum Tanzen und Feiern einlädt, ist Liroy. Wir haben den 25-Jährigen aus Stuttgart Süd getroffen und mit ihm über seine Anfänge in der Musikszene, den Unterschied zwischen einem Live-Act und einem DJ, seine Inspirationsquellen und vieles mehr geschnackt. Lest selbst!
Lieber Liroy, vielleicht direkt zu Beginn die Frage: Wie unterscheidet sich dein Auftreten als Live-Act von dem eines DJs?
In den meisten Musikgenres ist es recht einfach, zwischen einem DJ und einem Live-Act zu unterscheiden – im Techno ist das nicht ganz so eindeutig. Wir werden deshalb häufig als DJs bezeichnet, dabei gibt es auch im Techno Live-Acts; zu denen auch ich mich zähle. Der Begriff „Discjockey“ (DJ) verrät, dass Tonträger abgespielt werden. Ich als Live-Act kreiere die Songs auf der Bühne, ähnlich wie eine Band. Um es anders auszudrücken: Ich habe „Bausteine“ aus verschiedenen Instrumenten vorbereitet und setze diese dann auf der Bühne zusammen.
Du trittst unter dem Namen „Liroy“ auf, wie bist du darauf gekommen?
Liroy ist mein Zweitname. Ich wollte eine Trennung zwischen meiner „Hauptidentität“ und meiner „Identität auf der Bühne“. Natürlich gehören beide Identitäten zu mir, aber ich brauche einen klaren Cut, wenn ich abends auf der Couch liege.
Trittst du immer als Solokünstler auf?
Abgesehen von meinem Solokünstler-Dasein trete ich mit Barry oder Klara Yard als B2B, also Back-to-Back-Gig, auf. Bedeutet, dass wir uns die Playtime teilen, wodurch wir flexibler sind. Mit Barry schreibe ich auch Songs. Dann gibt es noch „Techtation“. Das ist ein Kollektiv bestehend aus verschiedenen Artists wie LGnius, Klara Yard, Barry und mir.
Wie kam es dazu?
Eigentlich recht zufällig. Ich war mit Barry in einem Technoclub feiern, in dem die Energie recht hoch war – für uns als ehemalige Rockschlagzeuger und Produzenten war es auf musikalischer Ebene dennoch ein wenig langweilig. Dadurch ist die Idee entstanden, eigene Songs zu schreiben. Nach ein paar kleineren Veranstaltungen hatten wir unseren ersten Gig auf Fridas Pier, unserem Lieblingsclub. Hier sind wir erstmals mit „Techtation“ aufgetreten. Und daraus ist dann neben anderen Veranstaltungen auch die Eventreihe „Happy Dance“ auf Fridas Pier entstanden.
Wie trittst du am liebsten auf – solo oder mit anderen?
Das kommt ganz aufs Publikum und Ambiente an. Nicht jede*r fühlt sich wohl damit, im Scheinwerferlicht auf der Bühne zu stehen. Daher hat es in der Vergangenheit meistens mehr Sinn ergeben, bei Showacts allein aufzutreten. Bei Techno-Acts kommen die Leute hingegen in erster Linie wegen der Musik – das genieße ich dann am liebsten mit anderen, um uns noch während des Sets gegenseitig musikalisch zu bereichern.
Auf Soundcloud haben Barry und du geschrieben, dass ihr nach einem Jahr voller Live-Perfomances zukünftig mehr auf „Trance“ setzen werdet. Was können wir uns darunter vorstellen?
Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, was „Trance“ ist. Wir kommen aus dem Rock und haben oft schwere Melodien verwendet. „Trance“ bedeutet für uns dementsprechend alles etwas leichter und „bouncy“ zu gestalten. Wir hatten bereits etwas „Trance“ im Set und haben gemerkt, dass uns das wahnsinnig viel Spaß macht. Von daher legen wir den Fokus zukünftig auf Musik, die „happy“ ist und zum Tanzen einlädt.
Woher nimmst du die Inspiration für deine Songs?
Eine Inspirationsquelle ist die Umwelt. Wenn ich laufe, sind meine Schritte wie mein Metronom – da kommen manchmal ganz automatisch Baselines in meinen Kopf. Meistens denke ich dann so etwas wie „Ah, das ist cool“, und muss dann direkt eine Sprachnachricht aufnehmen, um meine Ideen einzusingen. Außerdem höre ich viel Musik aus den 80er-Jahren, damit bin ich aufgewachsen. Was die „Synthesizer Sounds“ angeht, orientiere ich mich gerne an Liedern aus dieser Zeit.
Was würdest du sagen? Was war dein schönster Auftritt? Oder der Auftritt, der dir am meisten im Gedächtnis geblieben ist?
Davon gibt es mehrere. Mein erster Auftritt ist mir natürlich im Gedächtnis geblieben – damals hatten wir nur drei „Bausteine“ und haben einfach drauflosgespielt. Im Vergleich zu jetzt war das alles sehr random. Außerdem erinnere ich mich an ein Solo auf Fridas Pier. Hier habe ich einem „Boiler Room Setup“ gespielt. Das heißt, ich habe mich mit meinen Instrumenten in die Mitte des Clubs gestellt und das Publikum war direkt um mich herum. Das hat sich angefühlt, als würde ich mittanzen. Ein weiteres Highlight war das „STANs FOR GOOD“-Event im „Waranga“. Vorab hatte ich keine Ahnung, wie das Publikum auf Techno reagieren würde– schließlich kann man nicht jede*n mit dieser Art von Musik begeistern. Die Leute hat es aber richtig mitgenommen und das war schön zu sehen.
Welche Rolle spielt das Publikum generell für dich?
Natürlich ist es schön, wenn meine Musik dem Publikum gefällt. Ich habe aber früh gelernt, dass ich das meiste aus einem Projekt rausholen kann, wenn ich nur für mich spiele. Da ich fast nur eigene Songs spiele, ist das Feedback sehr persönlich, weswegen ich versuche, mich emotional davon zu lösen. Natürlich nimmt man dann auch die Höhen nicht so mit, aber eben auch nicht die Tiefen und ich habe so ein gesünderes Gleichgewicht für mich gefunden. Außerdem hat die Erfahrung gezeigt, dass auch das Publikum am besten darauf reagiert, wenn ich mich darauf konzentriere, bei mir zu bleiben und für mich selbst zu spielen.
Gibt es etwas, das du immer auf deine Auftritte mitnimmst?
Gehörschutz, Glitzer und Mate.
Und wie kann man dich für einen Auftritt buchen?
Ich habe noch keine Bookingagentur, man kann mir einfach eine Direktnachricht auf Instagram oder eine Mail an info.techtation@gmail.com schreiben.
Jetzt haben wir viel über deine Musik gesprochen. Kannst du das derzeit hauptberuflich machen?
Noch nicht. Ich habe ziemlich früh eine Tennisschule gegründet, die ich aktuell nebenberuflich betreibe. Seit Mitte Februar leite ich zudem das Club Kollektiv, einen Verband, der die Interessen von Veranstalter*innen von Club-, Party- und Kulturereignissen in der Region Stuttgart vertritt. Ich wünsche mir natürlich, irgendwann mal von der Musik leben zu können. Ich weiß, dass das kein leichtes Ziel ist, aber ich arbeite hart dafür und werde von meinem Team (Minky, Jonas Knaab und Barry) enorm unterstützt.
Gibt es abgesehen davon noch weitere Ziele? Vielleicht konkret für 2024?
Für 2024 war mein Wunsch, das erste Mal von einem Festival gebucht zu werden – dieser wurde mir jetzt vom „GuteZeit Festival“ in Konstanz erfüllt, auf dem ich im September auftreten werde.
Willst du uns abschließend noch dein Lebensmotto verraten?
Ich versuche in meinem Leben Entscheidungen immer so zu treffen, dass ich den größtmöglichen Spaß für mich und meine Mitmenschen aus der Zeit herausholen kann.