SIMON ZACHENHUBER

Der 25-jährige Simon Zachenhuber gilt als das neue deutsche Boxtalent, das schon bald um WM-Titel im Profiboxen kämpfen könnte. Wir haben uns mit dem bayerischen Nachwuchsboxer beim Training im East Sidy Gym in Stuttgart-Ost getroffen und uns mit ihm über seine Anfänge im Profiboxen, seine Wahlheimat Stuttgart und seine Ziele unterhalten. 

Sport spielte schon immer eine große Rolle in Simons Leben. Seine Eltern betreiben in Erding eine Schwimmschule in, sodass er schon früh auch Kontakt zum kühlen Nass hatte und sogar an Meisterschaften teilnahm. Weitere Sportarten, in denen er sich ausprobierte, waren Fünfkampf und Biathlet, eine Kombinationssportart aus den Disziplinen Schwimmen und Laufen. In allen Sportarten waren Kondition, Training und Beständigkeit gefragt. Aber so richtig leidenschaftlich wurde Simon dann, als seine Schwester ihn im Alter von 13 Jahren zum Kickboxen mitnahm. Das hat ihn sofort gepackt.

Die Komplexität des Sports mit einer Mischung aus Disziplin, Strategie und Respekt vor dem Gegner begeisterte ihn direkt. Mit 19 Jahren wechselte Simon nach einer erfolgreichen Amateur-Karriere im Kickboxen zum Profiboxen, ohne davor jemals einen Amateurkampf im Boxen absolviert zu haben.

Seine bisherige Bilanz zeigt, dass er genau auf dem richtigen Weg ist. Seit Januar 2022 ist er Juniorenweltmeister des Boxverbands IBF und ungeschlagen. Kürzlich wurde er vom bundesweiten Fachmagazin „Boxsport” zum „Boxer des Jahres 2022″ gekürt. In insgesamt vier Kategorien stimmten die Boxsport-Leser sowie eine Fachjury, der auch Ex-Weltmeisterin Regina Halmich, Trainer-Legende Ulli Wegner und Box-Idol Axel Schulz angehörten, über die Boxer des Jahres 2022 ab. Die Auszeichnung hatten vor ihm schon namhafte deutsche Profiboxer, wie die Klitschko-Brüder oder Henry Maske erhalten. Doch Simon wäre nicht Simon, wenn er sich darauf ausruhen würde. Sein Ziel hat er klar vor Augen: Er möchte es an die internationale Weltspitze schaffen und das Maximum herausholen.

Sein Trainer ist von Anfang an Conny Mittermeier. Er hatte Simons Talent bereits in Erding erkannt und wurde vom „Boxsport“ zum „Trainer des Jahres” gekürt.

Mit einem so erfolgreichen Trainer kann es ja nur nach ganz nach oben gehen im Profisport. Von seinen Fans wird Simon auch der Matador genannt. Dann ab in die Arena und los geht’s mit unserem Interview…

Lieber Simon, deine Eltern haben eine eigene Schwimmschule in Erding, deine Schwester Amelie gilt als großes Schwimmtalent. Konntest auch du dir eine Karriere in diesem Bereich vorstellen oder galt deine Leidenschaft schon immer dem Boxen?

Gute Frage! Ich bin allgemein verrückt nach Sport und liebe es einfach, mich auszupowern. Zudem trage ich großen Ehrgeiz in mir. Wäre es nicht Boxen gewesen, hätte ich es wahrscheinlich auch in jeder anderen Sportart weit schaffen können.

In deiner Kindheit ist dein Vater schwer verunglückt. Was hast du dadurch über dich und das Leben gelernt?

Jeder Tag, an dem wir gesund einschlafen und gesund aufwachen ist ein guter Tag, denn schon morgen kann es vorbei sein. Außerdem ist für mich ganz klar: Harte Arbeit zahlt sich aus!

Boxen ist auch nicht gerade ein ungefährlicher Sport. Hattest du jemals Angst vor Verletzungen oder darf man sich Angst im Kampfsport gar nicht erst erlauben?

Angst vor Verletzungen nicht, eher Respekt. Dies ist ein guter Antrieb, meine Deckungsarbeit noch mehr zu verbessern und mich noch weniger treffen zu lassen.

Was macht den Kampfsport für dich aus? Mit welchem Vorurteil möchtest du aufräumen?

Boxen ist eine wunderschöne Sportart. Im Kampfsport hat der Respekt vor dem Gegner und dem Trainer einen großen Stellenwert. Man braucht Intelligenz und Cleverness, um einen Kampf im Ring nahezu unbeschadet zu überstehen. Es ist Schach mit den Fäusten.

Du hast dich im Alter von 19 Jahren entschieden, zu den Profis zu wechseln. Was hat dieser Schritt in Hinblick auf deine Karriere, aber auch für dich persönlich bedeutet?

Das war für mich damals ein großes Risiko. Ich musste mich sehr oft dafür rechtfertigen, dass ich nichts Anständiges mache. Damals habe ich sogar meinen Traum und die große Chance sausen lassen, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein, um mich möglichst früh bei den Profis etablieren zu können.

Im Profiboxen konntest du schon einige Titel abräumen, unter anderem den der IBF-Junioren-Weltmeisterschaft im Mittelgewicht im Januar 2022 und Internationaler Deutscher Meister im Juli 2022. Was würdest du gerne noch erreichen? Gibt es ein Ziel, das du aktuell anstrebst?

Ich war schon immer ehrgeizig. Das richtige Mindset hatte ich bereits in meiner Zeit als Amateurkickboxer: kein Alkohol, zweimal täglich Training, gesunde Ernährung usw Jetzt kann ich dieses Mindset im Profiboxen ausleben. Jetzt als Profi kann ich das voll und ganz ausleben und habe mit Conny einen ebenso akribischen Trainer an meiner Seite. Harte Arbeit und gute Ratschläge meines Trainers haben mich zu dem Sportler gemacht, der ich heute bin: ein akribischer Arbeiter und Perfektionist. Darauf bauen meine Profi-Erfolge wie die IBF-Junioren-Weltmeisterschaft auf. Ich will in die absolute Weltspitze und mich dort solange es geht halten. Am 24.Juni 2023 boxe ich um die IBF-Europameisterschaft. Und der nächste Schritt wäre dann der WM-Titel. 

Wie gehst du mit Niederlagen um? Was hilft dir, diese „wegzustecken“?

Gott sei Dank gab es für mich als Profi noch keine Niederlage. Aber auch ein schlechtes Training kann eine Niederlage sein, obwohl das natürlich einfach dazugehört. Ich versuche aus Niederlagen immer auch etwas zu lernen: Siege schreiben Schlagzeilen, Niederlagen ganze Bücher. Niederlagen helfen immer dabei, besser zu werden.

Um mit deinem Trainer Conny Mittermeier zusammenarbeiten zu können, bist du vor einiger Zeit von Bayern nach Stuttgart gezogen. Wie sieht ein typischer Trainingstag bei dir aus?

Ein typischer Tag sieht bei mir so aus: Ich stehe um 7 Uhr auf und trainiere von 9 bis circa 11:30 Uhr. Danach habe ich ab 12 Uhr eineinhalb Stunden Physiotherapie oder widme mich meinem mentalen Training. Von 15 bis 17 Uhr trainiere ich noch mal und danach wird gegessen und geschlafen. Das mache ich so an sechs Tagen die Woche, sonntags habe ich frei.

Was vermisst du an Bayern? Was hingegen gefällt dir an Stuttgart besonders gut?

Eindeutig den Dialekt! Wobei mein Trainer aus Erding kommt und wir miteinander Bayerisch sprechen. Am meisten aber vermisse ich die vielen Seen zum Baden im Sommer. Das geht mir hier in Stuttgart schon ein bisschen ab. Aber der Stuttgarter Dialekt gefällt mir auch. Genauso wie die schwäbische Küche. Die vielen Hügel und Aussichtspunkte in Stuttgart gefallen mir sehr.

Möchtest du einen Geheimtipp (Restaurant/Bar/Café etc.) mit unserer Leserschaft teilen?

Absolut empfehlen kann ich das Hendel&Gretel in der Stuttgarter Straße 177 in Fellbach. Da bin ich regelmäßig zum Essen nach einem harten Training. Besonders lecker finde ich das Grillhendl. Wenn ich in meiner Diätphase bin, dann kann ich die Salate sehr empfehlen. Die machen dort die beste Salatsoße, die ich jemals gegessen habe. 

Wo hältst du dich gerne so auf in Stuttgart? Hast du eine „Lieblings-Hood“

Zu Beginn meiner Stuttgart-Zeit, als ich noch in der Marienstraße gewohnt habe, war die Karlshöhe mein absoluter Lieblingsort. Jetzt halte ich mich meistens in der Nähe meines Fitnessstudios im Stuttgarter Osten auf. Oft drehe ich meine Runden beim MTV Stuttgart oder am Bärensee. 

2021 hast du bei der berühmten TV-Show „Let’s Dance“ mitgemacht und bist Vierter geworden. War dir von vornherein klar, dass du zusagen wirst oder warst du am Anfang skeptisch?

Ich habe sofort zugesagt. Erstens war gerade Lockdown und im Boxsport sowieso nichts los. Der Zeitpunkt war perfekt. Und zweitens wusste ich, dass meine Mutter diese Sendung liebt und es war klar, dass ich ihr so eine Freude machen kann.

Hattest du schon Tanzerfahrung? Wenn nein, wie hast du dich auf die Show vorbereitet?

Ich hatte absolut keine Tanzerfahrung, Null Komma null. Als ich wusste, dass es bald losgeht, habe ich in meinem Training spezielle Balanceübungen eingebaut, um mich im Hinblick auf das Tanzen zu unterstützen.

Hast du durch das Tanzen neue Seiten an dir entdeckt oder spannende Erkenntnisse gewinnen können?

Durch die Show habe ich viel über den Umgang mit Medien gelernt. Interview und laufenden Kameras waren dort 14 Wochen lang mein Alltag.

Hand aufs Herz: Wie sieht’s zwei Jahre nach „Let’s Dance“ aus? Tanzt du noch oder hast du dich wieder vollkommen dem Boxen verschrieben?

Ich hatte vor, weiter zu tanzen. Nach der Show habe ich mich aber direkt wieder voll ins Boxtraining gestürzt und dann war keine Zeit mehr dafür.

Was möchtest du noch loswerden?

Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzler wäre, würde ich den Beruf des/der Kranken- und Altenpflegers/*in” zu einem der bestbezahlten Berufe des Landes machen. 

Wir bedanken uns bei Simon für seine Zeit und drücken ihm für die Zukunft im Profiboxen alle Daumen! Ein sehr sympathischer und geerdeter junger Mann – kein Wunder, schließlich stammt er ja aus Erding.

P.S.SSSST! Der letzte Boxkampf von Simon fand am 24. Juni 2023 gegen Armen Yepremyan in Rostock statt. Simon gewann durch technischen K.O. und ist damit immer noch ungeschlagen!
MEHR INFOS:
https://instagram.com/simon_zachenhuber